laut.de-Kritik
Hohes Kulturgut für Tanzkurs-Leiter und Unterstufen-Diskos.
Review von Michael SchuhGanz schön selbstbewusst, die Sängerinnen von heute. Jessica Simpson beharrte jüngst auf ihrer Unwiderstehlichkeit ("Irresistible") und schon kommt Konkurrenz aus Deutschland, denn Juliette gibt sich unaufhaltsam, eben "unstoppable". Das wiederum hat Tradition, schon Mel & Kim hielten sich schließlich vor vierzehn Jahren für "respectable". Beachtlich? Pah, alles nur schnöde Adjektiv-Schleuderei samt irreführender Eigenschaften.
Aufsehen erregte die Wahl-Kölnerin sicherlich vor kurzem als Pin Up-Girl im Männermagazin Maxim, doch das gehört nicht hierher. Unsere Frage lautet: ist Juliette zu stoppen, wenn sie "Unstoppable" singt? So wie Bruce Willis am Ende noch lebt, wenn sein Film "Unbreakable" heißt? Ihr Debutalbum muss sich jedenfalls, und das ist die erfreuliche Nachricht, soundtechnisch nicht hinter US-Babe Jessica verstecken. Warum das so ist, erahnt man bei der genaueren Betrachtung des Aufnahme-Umfelds. Das Studio befand sich nämlich nicht in Bocklemünd und die Produzenten kennen die Backstreet Boys und Jennifer Lopez persönlich.
Mit solch chartserfahrenen Nasen im Rücken zwängt uns Juliette dann ihre blank gewienerte Version des Zuckerwatte-Britney-Universums auf. Nur: wer braucht das zehnte Teenie-Pop-Album von einer 28-Jährigen? Hohes Kulturgut für hiesige Tanzkurs-Leiter, die Spielwarenabteilung im Kaufhaus oder Unterstufen-Diskos? Vielleicht.
Wir anderen schauen fassungslos zu, wie einfältig Britneys "Baby One More Time" in "Can't You See" wiederbelebt wird. Wie "It's Heavenly" zu Kreuze kriecht, um Carey-Fans weichzukochen. Oder wie das ganze Album, festgezurrt wie ein Strangulationsseil, die Ohren verklebt. Und wenn Juliette nach all den Schandtaten noch als "Femme Fatale und Rock'n'Roll in gleichen Anteilen" gepriesen wird, fällt mir nur noch ein Adjektiv ein: "unbearable", einfach unerträglich.
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