laut.de-Kritik
Grusel. Wilde Mischung. Nichts für schlechte Nerven.
Review von Jasmin LützIch bin mal wieder etwas enttäuscht. Das hoch bejubelte Kaizers Orchestra wirft mich nicht wirklich vom Sattel. Meine erste Begegnung mit den norwegischen Jungs war allerdings positiv. Ich habe zufällig einen Konzertmitschnitt im Fernsehen mitbekommen und war von der Show wirklich begeistert. Sänger Jan mutiert auf der Bühne offensichtlich zur Front-Sau und packt das Publikum in seinen skandinavischen Bann. Im Hintergrund prügelt Rune sein Schlagzeug schweinemäßig gut, und neben Kontrabass, Gitarre und Kirmes-Orgel werden auch noch Ölfässer ins musikalische Line Up geprügelt.
Danach erfahre ich erst, dass das DIE Überraschung auf dem diesjährigen Haldern-Festival war. Also musste ich das Album "Ompa Till Du Dor" (Ompa Til You Die) einfach haben. Schon beim ersten Song stelle ich mir vor, da treffen Poems For Lila auf The Pogues und den norwegischen Tom Waits. Grusel. Wilde Mischung. Nichts für schlechte Nerven, aber teilweise schon bemerkenswert. Ich gebe zu, dass ich von allen drei gerade benannten Interpreten eine oder mehrere Platten zu Hause im Schrank stehen habe. Die höre ich heute allerdings nur an, wenn ich besoffen mit meiner Freundin in alten Erinnerungen schwelge (Poems For Laila zumindest). Die zahnlosen irische Punkgranaten der Pogues finde ich immer noch sehr beschwinglich, und Mr. Waits will ich endlich mal live erleben.
Aber bleiben wir in Norwegen. Das Orchester vermischt ost-europäische Heimatklänge mit leicht rockigen Walzer und Bluesnoten. Faszinierend finde ich alleine schon, wenn Bands in ihrer nicht so verbreiteten Heimatsprache singen. Gerade in Skandinavien scheint das modern zu sein. Unvergleichlich gut sind da Sigur Ros. Bei den Isländern bekomme ich jedes Mal eine Gänsehaut. Beim Kaizers Orchestra gibt es Bonuspunkte für die englische Textübersetzung. Dann weiß man wenigstens, auf was man seine Polka tanzt.
Ich muss zugeben, dass das Hämmern auf den Ölfässern auch auf Cd ziemlich gut ankommt. "Bon Fra Helvete" (Prayer From Hell) goes Depeche Mode. Arm in Arm geht es dann hymnenmäßig weiter mit "Dod Manns Tango" (Dead Man's Tango). All together now: Shallala Shallala. Mein persönlicher Hit. Ich mag es ja, wenn Sänger auch mal ein wenig rumheulen. Freunde des Pogo-Tanzes kommen spätestens bei "Bak Et Halleluja" (Behind A Hallelujah) auf ihre Kosten. Textlicht nicht immer der Burner, aber auch hier eine wahnsinnige Mischung aus Liebe, Mr. Gott und ein bisschen Mord. Ich freue mich auf die nächste Konzertreise durch die schaurig-schönen Klänge des norwegischen Sextetts.
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