laut.de-Kritik
Tod auf der Tanzfläche.
Review von Stefan JohannesbergOh, Kelis macht jetzt auf Sophie Ellis-Bextor. Der Opener "Trick Me" kreiert mit rasanten Reggae-Grooves und Off-Beat-Styles echt "Murder On The Dancefloor". "Freedom is who ever landed on your dick", klagt der Wuschelkopf an, um später "In Public" Vocal-Sex mit Freund und Rapstar Nas zu haben. Die von Rocwilder seltsam zerfaserte Synthienummer schlüpft aber durch die Ohren, ohne wirklich zu erotisieren.
Zum Glück kehrt der Tanzflächenkiller im Verlauf ihres dritten Albums immer wieder zurück. Bei "Millionaire" fährt Outkast-Weirdo André 3000 Elektro-Grooves und melancholische Klavier-Loops selbstmörderisch wie Monotya über den Parcours, während Kelis "Papa, I'm a Millionaire, but I moving in the wrong Direction" croont. New Wave trifft Dirty South. Etwas brachialer walzt "Keep It Down" von Beatbastler Dallas Austin durch die Boxen, aus denen nur im melodischen Loop die Sonne aus dem Gitarren-Dunkel aufsteigt.
Die genannten Beats stammen trotz gewisser Sound-Ähnlichkeiten einmal nicht von Kelis' Kindergartenfreunden Pharell Williams und Chad Hugo aka The Neptunes, die ihre beiden früheren Alben zusammenschraubten. Natürlich tritt auch das Trendsetter-Duo wieder in Erscheinung, wenn es in typisch rockig bouncender Manier "Milchshakes" mit "Sugar Honey Iced Tea" mixt und mit sonnigen Gesangsharmonien durch "Through The Hood" rollt.
Da fragt man sich, wieso eigentlich ein Justin Timberlake durchstartet, während Kollegin Kelis nur als Geheimtipp ihr Unwesen treibt? Beide haben Talent, Charisma, einen eigenen Style, und bei beiden sitzen zumeist die Neptunes hinter den Reglern. War Kelis also zur falschen Zeit am richtigen Ort? Die R'n'B-Mähne war mit dem genialen 2001er Debüt "Kaleidoscope" wohl ihrer Zeit voraus, verpasste jedoch mit dem in den USA nie veröffentlichen Nachfolger "Wanderland" den endgültigen Duchbruch.
Damit sie jetzt nicht hinterher hinkt oder noch schlimmer, als Trittbrettfahrerin abgestempelt wird, will sie sich nicht mit anderen Produzenten neu positionieren. Die anfangs erwähnten Songs geben die Richtung vor, der jedoch Raphael Saadiq leider nur bedingt folgt. Anstatt zünftig geradeaus zu rocken, steht das Tacho bei "Glow", "Attention" und "Stick Up" nur auf Durchschnittsgeschwindigkeit. Trotzdem schwört Kelis über klackernden Keyboard-Drums im "Marathon" des Musikbiz zu siegen: "I'm Gonna Win This Race".
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