laut.de-Kritik
Im Grunge-Haus Sub Pop weht frischer 60s Pop-Wind.
Review von Michael SchuhSchwer zu sagen, warum hierzulande viele Betrachter des Namens Kelley Stoltz erstmal an einen Rechtschreibfehler im Nachnamen denken anstatt an das Etikett "Singer/Songwriter". "Circular Sounds" ist das mittlerweile vierte Album des hauptsächlich in US-Blogs und australischen Live-Zirkeln gepriesenen Musikers aus San Francisco, der in jenen Foren seit einigen Jahren mit eleganten 60s Pop-Verbeugungen auf sich aufmerksam macht. In Schweden reichte es sogar für einen Volvo-Spot.
Nun hat wenigstens die Swinging 60s-Brutstätte Großbritannien den Mann nicht übersehen, der im dortigen Mojo Magazine sowohl mit "Antique Glow" (2004) als auch mit "Below The Branches" (2006) einen respektablen 24. Platz in den jeweiligen Jahrescharts erreichte. Und natürlich hörten besonders die Briten auf, als Stoltz 2005 mit "Crock-O-Dials" das komplette Debütalbum "Crocodiles" von Echo & The Bunnymen coverte.
Auf Kelleys zweitem Album im Verbund mit dem Trademark-Label Sub Pop macht seine beinahe ausufernde Arrangierwut den heimeligen Lo Fi-Charme seiner 8-Spur-Rekorder-Vergangenheit ("The Heaven-Sent Tascam 388", Stoltz, 2005) beinahe vergessen. Dennoch arbeitete er das meiste Material wieder im One Man-Modus heraus, erst gegen Ende der Sessions ließ er ausnahmsweise mal zwei Freunde an seine Kompositionen ran.
Die Kinks fallen einem bei manchen Songs ein, Elliott Smith mitunter, was Stoltz sicherlich nicht als Beleidigung seines Schaffens ansähe. Stützkurse in Harmonielehre braucht der Mann in diesem Leben jedenfalls keine mehr.
Am Surf-Pop in "To Speak To The Girl" hätte sicherlich auch ein Lee Hazlewood seine Freude (R.I.P.), das holprige "The Birmingham Eccentric" beschwört die Velvet Underground herauf und sollte Pete Doherty einmal "Put My Troubles To Sleep" covern, dürften seine Fans denken, es sei eine neue Komposition des Ex-Libertinchens.
Ähnlich wie bei den deutlich rockorientierteren Raveonettes lassen die Stoltz-Songs zwar die 60er Jahre in Ton und Ästhetik aufleben, verkommen dabei aber nie zu leblosen Relikten. "When You Forget" oder "Mother Nature" sind einfach Songs, an denen der Zahn der Zeit nagen kann, bis er schwarz ist. Nach Cass McCombs' "Dropping The Writ" liegt hier bereits das zweite Singer/Songwriter-Album in diesem noch jungen Jahr vor, bei dem man sich fragt, warum eigentlich Leute wie James Blunt das große Geld einfahren.
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