laut.de-Kritik
Bandsound is the new solo: Der BSS-Sänger geht nur so halb fremd.
Review von Mathias MöllerDie Broken Social Scene entwickelt sich zum Wu-Tang Clan der Indieszene: Zuerst veröffentlicht BSS-Gitarrist Andrew Whiteman als Apostle Of Hustle seine Soloplatte, jetzt zieht Kevin Drew nach, seines Zeichens Sänger beim Kollektiv aus Toronto.
Die Platte trägt ganz offiziell die Bezeichnung "Broken Social Scene presents: Kevin Drew: Spirit If". Man erfährt also schon im Vornherein, dass die Crew a) ihm bei der Vertonung behilflich war und b) der Bandname mittlerweile wohl auch als Verkaufsargument zieht.
Wie dem auch sei, die Rasselbande macht zu Beginn von "Farewell To The Pressure Kids" erst einmal ordentlich Lärm. Danach mäandert der Song scheinbar richtungslos vor sich hin, bevor er nach über dreieinhalb Minuten eine "richtige" Songstruktur findet. Das lässt sich doch mal ganz prima an, so kann es weiter gehen.
Dagegen zeigt sich "TBTF" (Wundervolle Abk. für: 'too beautiful to fuck') zunächst eher zurückhaltend - bis auf die Kopulationsgeräusche, die als Bridge dienen. Aber Kevin Drew und seine Kollaborateure verstehen es, die zugrundeliegenden Songideen vortrefflich zu instrumentieren und zu arrangieren. Die schiere Bandbreite des verwendeten Handwerkzeugs ist schon nach vier Stücken kaum noch zu überschauen. Auch "F--ked Up Kid" trägt die Handschrift einer Indie-Singer/Songwriter-Blaupause mit minimalen elektronischen Tüfteleien.
Erst mit "Lucky Ones" erlaubt sich Drew wieder ein opulenteres Arrangement und fordert: "Treat me like a motherfucker who is right!" Kein Problem! Mittlerweile hat sich "Spirit If" zu einem vorzüglichen Hörvergnügen entwickelt. Drew schwankt stets zwischen zwei gar nicht so unterschiedlichen Polen: reduziertes Songschreibertum und semi-epische Indie-Opusse. Die vermeintlichen Antithesen fügen sich recht schicklich zum großen Ganzen zusammen. Lediglich "Big Love" erstickt ein bisschen unter der dicken Soße aus elektronischen Effekten und Synthiesounds.
Versöhnlich stimmt im hiernach "Backed Out On The ...", das einzige Stück auf der Platte, dem man so etwas wie Rockigkeit unterstellen kann. Und zum Abschluss des Ferienlagers versammelt Drew alle seine MitstreiterInnen ums Feuer, holt die Gitarre raus, und alle zusammen singen sie dem Hörer noch eins. Danach gehts ab in die Zelte, Liebe machen!
Noch keine Kommentare