laut.de-Kritik
Status Quo war gestern: Die Zukunft des Boogie Rock klingt so.
Review von Yan VogelKing Gizzard & The Lizard Wizard ist eine siebenköpfige Prog-Hydra, die in ihrer Produktivität an die Phase des Genre-Urknalls Anfang der Siebziger erinnert. Der Ideenreichtum gemahnt an Könner wie King Crimson und Frank Zappa. Seit ihrem Debüt veröffentlichte die Band dreizehn Alben, davon alleine fünf Stück im Jahr 2017. So erstaunlich die nackten Zahlen klingen, umso mehr zieht einen die Band qualitativ in den Bann.
Der gebürtige Aussie und Bandkopf Stuart Mackenzie verwendet scheinbar 25 Stunden am Tag darauf, Musik aufzusaugen. Seine Kollegen stehen ihm in Sachen Musikkonsum in nichts nach. Entsprechend divers fallen die Tonträger aus. Mal konzeptuell eingeschnürt, mal aufbrausend und ausufernd. Mal melodisch orientiert und mal in den Bereich des Mikrotonalen abdriftend. Stets bleibt der manische Genius der Gruppe vorhanden und sorgt neben guter Laune auch für verschwitztes Club-Feeling.
Das Septett bleibt seiner Linie insofern treu, als dass auch "Fishing For Fishies" ein Extrem ausreizt. Diesmal widmet sich die Band dem Boogie-Rock. Wir erleben die Anfänge und die kommerziellen Höhenflüge dieser etwas biederen Rock-Spielart sowie eine futuristische Version mit Synths und Vocoder.
Als entspannte Americana-Nummer mit Mundharmonika und räudig-klimpernden Akustik-Gitarren fischt der Titeltrack im Staub des Laurel Canyon. "Plastic Boogie" agitiert gegen Plastikmüll jeglicher Art und plädiert dafür, auf den Fertigsalat in der Tüte zu verzichten und das Grünzeug aus dem mit Glyphosat verseuchten Beet zu ziehen. Das Umweltthema kommt insbesondere auf dem Non-Album-Track "Planet B" zur Geltung, der mit seinem rifflastigen Drive wohl nicht zum Konzept des Albums gepasst hat. Mit dem dazugehörigen Video, das die Band in Anstalts-Klamotten auf einem Flugfeld zeigt, setzt dieser neue Song dennoch ein Ausrufezeichen und sorgt live für Furore.
Auf die Spuren der Doors begibt sich die Formation mit "The Cruel Millenial" und "Real's Not Real". Der Staub in der Nase mischt sich mit würzig süßlichen Dämpfen und schickt den Hörer auf einen Psychedelic-Trip. Auf "Acarine" und insbesondere "Cyber Boogie" kippt die Organik in Richtung Elektronik und transportiert den bierseligen Blues-Boogie in die Zukunft. Motown, Soul und Jazz gehen eine elektrifizierte Liaison ein. Status Quo war vorgestern.
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