laut.de-Kritik
Zwischen Die Antwoord, Marteria und Deichkind.
Review von Andrea TopinkaMit der ersten Textzeile, "Ich find dich seltsam und ich mag dich urgern", der charmant österreichischen Übersetzung des Die Antwoord-Refrains "I fink u freeky and I like you a lot", zollen Kommando Elefant der südafrikanischen Rap-Rave-Truppe Tribut. Es bleibt nicht beim inhaltlichen Zitat: Die brachialen Electrosounds und wummernden Beats wälzen ganz im Sinne oder auf dem Level von Deichkinds, alles platt.
Der schräge Opener "Ich Find Dich Seltsam" hält sich seit mehreren Wochen in den oberen Rängen der Austria Indie Charts und erfreut sich auch einiger Beliebtheit in den FM4-Charts. Gute Vorzeichen für Kommando Elefant, auch wenn sie hierzulande bisher auf wenig Resonanz stoßen.
Schaut man sich in der deutschsprachigen Musiklandschaft nach gewitzten, verschroben oder geradezu schrulligen Gestalten um, stößt man auf zahlreiche Künstler, die sich zurzeit in Österreichs bunter Alternativszene tummeln: Bilderbuch, Ja, Panik, Der Nino Aus Wien, Skero und wie sie alle heißen. Sie sind in den unterschiedlichsten Genres zu Hause. Gemeinsamkeit bleibt aber der (teils ironische) Blick auf den Alltag, die sie in anschaulichen Formulierungen und feinen Wortspielen verpacken.
Kommando Elefant deuten mit ihrer vierten Platte "Lass Uns Realität" an, dass auch ihre Songs eine ähnliche Eigenartigkeit wie die der genannten Landsleute besitzen: Bestes Beispiel und Lied des Albums ist erwähntes "Ich Find Dich Seltsam". Ihr Selbstbild, eine "Popzitat-Band" zu sein, untermauern sie, indem sie an verschiedenen Stellen Referenzen einstreuen: In "Mein Design Fürs Leben" ist nicht nur der Titel den Manic Street Preachers ("A Design For Life") entlehnt, sondern es wird auch mit Komplimenten wie "Du bist der Highway aus der Hölle" um sich geworfen.
"Party & Blamagen" entwickelt sich zum Marteria-Pedant, das die Spießigkeit des Alterns beklagt: "Am Sonntag lieber Tatort als in diesen neuen Club / Denn wenn du ehrlich bist, hast du von Freitag schon genug / Die einen bauen Karriere, bauen Kinder noch dazu / Und hin und wieder findest du schon Grönemeyer gut". In weniger cleveren Momenten geht die textliche Raffinesse kaum über Frittenbude hinaus: Zeilen wie "Du tauchst deinen Träumen schwerelos hinterher, einfach Meer" als Bilder der Sehnsucht nach Freiheit haben schon viel andere geschrieben.
Für die musikalische Umsetzung holten sich Kommando Elefant Unterstützung vom Komponisten Matthias Jakisic ("Tabula Rasa"), der unter anderem am Wiener Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen zu Gange war, sowie US-Produzent George Dum. Ob es an Dums Schliff liegt, dass Kommando Elefant nach dem krachenden Auftakt nicht komplett in stumpfen Dancefloor-Electro wie "Die Ersten Sekunden" verfallen? Denn eine gewisse Varianz bietet "Lass Uns Realität".
"Jukebox War Gestern, Heute Bin Ich", dessen ursprüngliche Version vor über sechs Jahren zum ersten Mal den Weg in die FM4-Playlist fand, erinnert an eine Reggae-lastigere Nummer Jan Delays. "Verschwende Dich" scheint der Referenzpolitik zu folgen: Die Sprechgesang-Strophen über den Kauf neuer Lamborghinis, Liebe oder gleich der Sonne gepaart mit "Glitzer Glitzer Bling Bling"- und "Lalalala"-Backing Vocals wirkt wie ein Augenzwinkern in Richtung gemeine Konsumsucht oder (klischeehaften) Größenwahn in der Hip-Hop-Szene. Genauso standardisiert wirken die künstlichen Streicher bei der Hymne "Lass Uns Realität Imitieren". Reduzierte Songs wie "Es Geht Immer, Das Bisschen Schlimmer" bringen mit sanfter Keyboard/Drum-Begleitung etwas Ruhe in den aufgedrehtem Synthie-Pop.
Gerade solche Stücke vergisst man aber allzu schnell wieder. Etwas mutigere Arrangements und eine weitere Handvoll zugespitzte Lyrics hätte "Lass Uns Realität" nicht geschadet. Mit der herausragenden Indie-Meute Österreichs können Kommando Elefant nicht ganz gleichziehen. Dennoch eine solide und auch unterhaltsame Platte.
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