laut.de-Kritik

Schweizer Gejauchze, Gefluche und Gestöhn.

Review von

In der unmittelbaren Nähe schneebedeckter Alpengipfel erblüht von Zeit zu Zeit so manch interessantes musikalisches Gewächs. In den 80ern konnte man die Industrial-Rocker The Young Gods unter dieser Rubrik verbuchen. 2004 tritt die Lausanner Formation Kunst mit ihrem Debütalbum "Too" an deren Stelle.

Wie schon die jungen Götter so verstehen sich auch Kunst bestens auf wuchtig rockende Grooves, wenngleich das Lausanner Quartett die handgemachte Variante eindeutig bevorzugt und dabei vor experimentellen Zwischentönen nicht zurückschreckt.

Die haben wohl auch die Ex-Atari Teenage Riot Sängerin Hanin Elias hellhörig werden lassen, als sie vor einiger Zeit das Lausanner Underground Filmfestival besuchte und dort in den Genuss einer Kunst Liveperformance kam. Ein solcher Act würde gut in ihr Fatal Recordings Label-Roster passen, dachte sich Elias wohl und machte sogleich Nägel mit Köpfen. Gesignt, getan, und so erscheint das Debüt "Too" auf ihrem Berliner Imprint.

14 Songs lang erfreuen Kunst mit einer wilden Geräuschkulisse, vor der sich Virginie Burnier als charismatische und wortgewaltige Frontfrau zu profilieren weiß. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund, schreit sich die Seele aus dem Leib und hält gar ein paar nette Tipps für das tägliche Miteinander bereit ("Obey Your Master").

Dass ihre Lyrics zum Teil einer allzu plakativ vulgären Ästhetik huldigen, strengt über die volle Spielzeit leider an. Ein Brise Ironie zwischen all dem Gejauchze, Gefluche und Gestöhne würde schon viel helfen.

Musikalisch gibt's indes nichts auszusetzen am Lausanner Quartett. Ein Noiserock-Tune nach dem anderen erblickt auf "Too" das Licht der Welt. Mal minimalistisch mit viel Feedback in Szene gesetzt wie bei "Story Telling", dann wieder wuchtig drückend wie beim Opener "Ouverture".

Gut, dass Kunst bei aller Experimentierlust die Melodien nicht vergessen und auch nicht davor zurückschrecken ihrem Sound ein wenig Elektronik beizumischen. So geschehen bei "Miss K", einer Hommage (?) an Caroline Hervé alias Miss Kittin. Bleibt zu hoffen, dass Kunst ihren Ruf eine erstklassige Liveband zu sein, bald auch im angrenzenden Ausland untermauern. Bis dahin vertröstet uns "Too" ganz bestimmt.

Trackliste

  1. 1. Overture
  2. 2. Croatia 2000
  3. 3. Kinky Licky
  4. 4. Miss K
  5. 5. Tip Toe Dance
  6. 6. Kursk
  7. 7. Chinese In Space
  8. 8. Vdplk
  9. 9. Obey Your Master
  10. 10. L. A.
  11. 11. Metacompost
  12. 12. Unscrew Your Head
  13. 13. Story Telling
  14. 14. Blank

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Kunst – Too €4,84 €3,00 €7,85

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Kunst

Die wunderschön am Genfer See gelegene Stadt Lausanne gilt als die heimliche Metropole der französisch sprechenden Schweiz. Während in Genf die UNO …

Noch keine Kommentare