laut.de-Kritik
Hi-Hat und Gitarre hämmern sich ins Hirn.
Review von Eberhard DoblerDer "Pharell Wiliams des Punkfunks". Was für ein Titel. Ich persönlich würde dafür töten. James Murphy produzierte dafür vor zwei Jahren lediglich ein paar lässige Dance-Rock-Tracks. Jene betitelte er gleichwohl nicht weniger monströs - etwa mit "Daft Punk Is Playing In My House". Der Nachfolger des hochgelobten Debüts hält nun das Niveau, spart allerdings Punkrock-Ausbrüche aus.
Der Opener "Get Innocuous!" öffnet das Bewusstsein für den Sound-Kosmos James Murphys: verschwommen und antreibend zugleich. "Time To Get Away" klingt mit Percussions- und Cowbell-Patterns sowie klaren Vocals im Anschluss schon fast zu euphorisch, rüttelt dafür wach und gibt sich als feine funky, recht minimal konstruierte Nummer aus.
Noch einen Tick knackiger die Single "North American Scum", die sich mit der nicht immer angenehmen Tatsache beschäftigt, ein Nordamerikaner zu sein: Hi-Hat und Gitarre hämmern sich mit Achteln vorzüglich ins Hirn. Eine Wirkung, die der eingängig befreiend wirkende Refrain noch erhöht. Dagegen nerven die Achtel (mit geringen Abweichungen vom Schemata) beim tragenden Klavier von "All My Friends" nach zwei Minuten gehörig.
Der Mann aus New Jersey, der die späten 70er und frühen 80er so liebt, wendet sich auf "Sound Of Silver" etwas mehr dem melodiösen Elektro-Pop/New Wave zu. "Someone Great" (fast im Stile Fad Gadgets) orientiert sich in der Konstruktion wieder mehr am trancigen Aufbau des Openers. Zurück in die percussionreiche Endlosschleife kehrt "Us V Them".
Der Uptempo-Track "Watch The Tapes" rückt dann wieder mehr die Live-Atmosphäre in den Fokus - ein Stück, das auch mancher Indierock-Band gut zu Gesicht stehen - vorausgesetzt, man kann mit den Talking Heads etwas anfangen. Die 80er sind nun mal allgegenwärtig - auch bei der sphärischen, zu Beginn an Minimalelektro angelehnten Soundreise des Titeltracks. Die obligatorische Ballade, besser gesagt bittersüße Power-Ode "New York, I Love You But You're Bringing Me Down" schließt den Zweitling ab.
Murphys Beats, besonders die Hi-Hats, klingen wieder schön akustisch - etwas lo-fi - so wie man es in der Dance-Rock-Szene auch hören will. Zwischen einer gewissen Überdrehtheit, einlullenden Tracks und einigen Anschiebern im Stile "Disco Infiltator" pendelt sich Murphys neue Scheibe ein. Die Glitzerwelt der Disko steht ihm nach wie vor einfach gut.
44 Kommentare
müsste hier eigentlich vielen gefallen, wieso hat's noch keinen Thread?
noch eins dieser Alben des Jahres, das steht schon mal fest!
Und dass es mindestens gleich gut wie das Debüt ist auch, und das will was heissen. (später mehr)
Trackliste:
1. Get Innocuous!
2. Time To Get Away
3. North American Scum
4. Someone Great
5. All My Friends
6. Us V Them
7. Watch The Tapes
8. Sound Of Silver
9. New York, I Love You But You're Bringing Me Down
Pressespiegel:
[u:3d275e31ab]100 Urb [/u:3d275e31ab]
The vocals are where Murphy has developed the most, trading in his Mark E. Smith yelp for various crooning styles. [Jan/Feb 2007, p.75]
[u:3d275e31ab]100 The Guardian [/u:3d275e31ab]
This is dance-rock for grown-ups: extraordinary.
[u:3d275e31ab]100 musicOMH.com [/u:3d275e31ab]
Taken end to end, Sound Of Silver is a thrilling, exhilarating ride on a fast machine.
[u:3d275e31ab]100 Los Angeles Times [/u:3d275e31ab]
Murphy succeeds by stretching in two directions — finding a new musical center, and showing his humanity beyond the laughs.
[u:3d275e31ab]92 Pitchfork [/u:3d275e31ab]
As close to a perfect hybrid of dance and rock music's values as you're likely to ever hear.
[u:3d275e31ab]91 Entertainment Weekly [/u:3d275e31ab]
While Sound of Silver still delivers terrific buzzy dance-space jams ... it also contains wispy hints of New Order and Bowie... and Murphy's best song-making efforts to date.
etc. (http://www.metacritic.com/music/artists/lc…)
ich tappe mal wieder wie ein blinder umher, habe heute die kritik im me gelesen, hörte sich interessant an. aber kannst du bitte die scheibe kurz mit deinen worten/eindrücken beschreiben. würde mir mehr helfen. danke
hmm, noch habe ich's zu wenig gehört um'ne wirklich differenzierte Meinung abzugeben ... zitiert aber wie wild die Popgeschichte (von Bowie über The Fall zu New Order, aber auch viel Disco/Funk, Techno und House mit drin, und mehr ... ), das müsste nur schon deswegen was für dich sein
ich hab das Album übrigens bislang nur über myspace gehört, (gibts da momentan in voller Länge)
http://www.myspace.com/lcdsoundsystem
wag dich mal dran
get innocuous!
wird mein hit des jahres, weil die chance, dass da noch was größeres kommt, ist relativ gering ... und auch der rest der scheibe ist in meinen augen genial
Diddy Kong Racing Soundtrack
Nach zehn Jahren wird es vielleicht mal Zeit, einen Fehler der Vergangenheit (Doblers 3 Sterne-Review) zu korrigieren und dem Album seine verdiente Höchstwertung zu geben. Mit "American Dream" hat die Band anno 2017 endlich Anerkennung auf laut.de gefunden, aber das strahlende Meisterwerk von LCD Soundsystem ist und bleibt eben "Sound of Silver".