laut.de-Kritik
Als Lady Gaga und La Roux noch Teenager waren ...
Review von Michael SchuhAls Human League-Chef Philip Oakey kürzlich im laut.de-Interview den Flop seines 2001er-Albums "Secrets" damit rechtfertigte, dass die Zeit noch nicht reif für Synthie-Pop war, hatte er teilweise recht.
Die Strokes hatten gerade ein Indie Rock-Jahrzehnt ausgerufen und beanspruchten sämtliche Magazin-Titelblätter. Die Electroclash-Bewegung beschränkte sich dagegen noch auf Disco-Tempel europäischer Metropolen.
Dort lief neben Fischerspooners "Emerge" vor allem der Ladytron-Debüthit "Playgirl". 2001 war es ein echter Aufreger, die klinisch reinsten Synthie-Sounds seit "Das Model", versehen mit einer ätherischen Melodie, lieblichem Frauengesang und dem In-Gadget to be: der Cowbell, zu Gehör zu bekommen.
Alles schrie damals danach, dass sich das britische Quartett als One-Hit-Wonder in die ewigen Jagdgründe verabschieden würde. Doch diesen Job übernahmen dann kurioserweise Fischerspooner. 2011 sind Ladytron immer noch da und haben nach vier Studioalben wenig von ihrer einstigen Magie eingebüßt.
"Best Of 00-10" rekapituliert den kurvenreichen Weg, den Ladytron seither gegangen sind, mit teilweise nicht ganz nachvollziehbarer Songauswahl. Vom gefeierten Debüt "604" holte man "Discotraxx" auf die Scheibe, dabei hätten sich "Another Breakfast With You" oder "She Took Her To A Movie" doch viel eher aufgedrängt.
Das 2003 gnadenlos gefloppte Album "Light & Magic" offeriert "Seventeen", "Blue Jeans" und sogar das obskure "Cracked LCD", das stellvertretend für die experimentelle, singleuntaugliche Seite steht, die die Band bis heute kultiviert (siehe auch der Bulgarisch-Nachhilfekurs "Fighting In Built Up Areas").
Neuere Songs wie "Last Man Standing" oder "Ghosts" fügen sich nahtlos in den Songkanon ein, der sich ohnehin angenehm zeitlos präsentiert. "Ace Of Hz" passt als einziger neuer Song da wunderbar ins Bild, da er in seiner soften Ausrichtung eher einen Schulterschluss mit dem Debütalbum sucht, als nach neuen Ufern zu schauen.
2011 dürfen Daniel Hunt, Reuben Wu, Mira Aroyo und Helen Marnie angesichts zeitgenössischer Elektro-Stars wie Lady Gaga oder La Roux beinahe schon als Ideengeber bezeichnet werden. Grund genug, sich diesem Back Catalogue noch einmal zu widmen, selbst wenn sich einige Must-Songs nur auf der 2CD-Deluxe Edition tummeln ("Another Breakfast With You", "High Rise", "Black Cat").
2 Kommentare
Ahhh...La Roux in einem Atemzug mit Lady Gaga zu nennen...BLASPHEMIE!
Nee, mal im Ernst: Ladytron sind schon ein echter Bringer und in Deutschland absolut unterrepräsentiert. Irgendwo hab ich mal in einer Rezension gelesen, das kaum ein Gitarrist so schön seine Gitarre schrammeln kann wie es die beiden Jungs mit ihren Synthi´s schaffen. Und das ist es ja auch grad, was Ladytron ausmacht: sie rocken besser als so manche Möchtegern-Indierock-Combo!
ich habe echt 100 jahre gebraucht, mich mal ernsthaft mit denen zu beschäftigen. völlig unentschuldbar, ich weiß. aber besser spät als nie. fazit: großartig!
neben den genannten highlights sollte man ihr mutiges und höchst gelungenes cover von "little black angel" nicht vergessen. das original ist womöglich das beste neofolk/gothic folk-stück aller zeiten. auch wenn man den katalog von old douglas p ansonsten mit vorsicht genießen muss. was für eine perfekte melodie!
was sie daraus für eine frische wavepop-hymne stricken, nötigt respekt ab.
sehr schön ist auch der remix, bei dem ladytron es im duett mit douglas bringen.
https://www.youtube.com/watch?v=jGAzxmEay4U