laut.de-Kritik
Verträumter Jazz mit warmen Melodien.
Review von Tobias LitterstEin sanfter Gitarren-Lauf weht durch die Luft. Wie Wogen eines ruhigen Meeres rauschen die Becken des Schlagzeugs. Darin perlen einzelne Klavier-Tupfer. Der Hörer gleitet auf den Schwingen des Openers "Pegasus" und folgt bereitwillig den lockenden Rufen von Trompete und Cello. Das geflügelte Pferd trägt ihn zielsicher zu einer verträumten Klang-Insel, irgendwo in den bewegten Gewässern zwischen Klassik und Jazz. Ihr Architekt, der schwedische Bassist und Cellist Lars Danielsson, taufte sie auf den Namen "Tarantella".
"Tarantella" bezeichnet ursprünglich einen italienischen Volkstanz. Wer von der giftigen Tarantel gebissen wurde, bewegte sich zu der schnellen Musik, bis er erschöpft war. Auf diese Weise vertrieb man das Gift aus dem Körper und die Schmerzen klangen ab. Danielsson transportiert dieses Konzept ins Heute: In unseren überbeschleunigten Zeiten will er den Zuhörer nicht mit halsbrecherischem Tempo kräftigen, sondern vermittelt die heilsame Wirkung von Ruhe und Entspannung.
Die 13 Tracks sind durchweg akustisch gehalten. Ihre Stimmung reicht von tiefer Melancholie bis zu freudiger Gelassenheit. Kernstück des Longplayers bilden die warmen, schön gestalteten Melodien. Dazwischen tauchen immer wieder raffinierte Klangexperimente auf.
So überrascht "Introitus" mit dem Einsatz eines Cembalos. "1000 Ways" ist hingegen eine geglückte Symbiose aus hektischen Sambatrommeln und ruhigen Klavier-Akkorden. Darüber legen sich versierte Trompeten-Improvisationen und die sphärischen Klangflächen des Cellos.
Virtuos erwecken Mathias Eick an der Trompete, Eric Harland am Schlagzeug und der Gitarrist John Paricelli die vielschichtigen Kompositionen zum Leben. Ganz besonders brilliert jedoch Leszek Mozdzer. Dem polnischen Pianisten scheint Danielssons Musik im Blut zu liegen. So ist der Walzer "Ballet", den die beiden im Duo interpretieren, einer der Höhepunkte des Albums.
Aufgeblähte Posen sind auf "Tarantella" nicht zu finden. Die Protagonisten nutzen immer wieder ein paar sorgsam angebrachte Freiräume für zarte Soli aus. Diese stehen allerdings immer im Dienst der Melodieführung oder der klanglichen Intention des Komponisten.
Trotz aller Entspanntheit vergeht die Zeit auf Danielssons Insel wie im Flug. Behutsam und leise schickt uns der Meister in den Alltag zurück. Was bleibt ist ein durch und durch gutes Gefühl - als genese man nach schwerer Krankheit.
1 Kommentar
So ein wundervolles und verzauberndes Album hab ich schon lange nicht mehr gehört
Wow - danke für den Tipp, Tobias.