laut.de-Kritik
Zum Abschied fliegen die Torten.
Review von Matthias BossallerTill Lindemann und Peter Tägtgren tranken gerne zusammen einen über den Durst und hoben nebenher noch ihr Projekt Lindemann aus der Taufe. Die beiden Goldalben "Skills In Pills" und "F & M" entstammen dieser Kollaboration. Mittlerweile gehen Multiinstrumentalist und Deathmetaller Tägtgren (Pain, Hypocrisy) und Rammstein-Frontmann getrennte Wege. Lindemann ging in der Corona-Zwangspause u.a. eine musikalische Liaison mit dem bekannten Violinisten David Garrett ein. Zuvor gaben Lindemann am 15. März 2020 - kurz vor dem ersten Lockdown - noch ein Abschlusskonzert in der Moskauer VTB Arena, erhältlich als Livealbum und Konzertfilm "Live in Moscow". Letzter lief dieser Tage sogar im Kino.
Verantwortlich dafür zeichnet ein Team rund um den Filmemacher Serghey Grey. Neben der digitalen Fassung werden auch fünf physische Versionen veröffentlicht: Eine Doppel-LP-Edition in schwarz oder rot auf Vinyl, eine DVD- und Blu-ray-Version sowie eine Special Edition mit CD und Blu-ray im Hardcover-Digibook-Format samt 40-seitigem Booklet. Darüber hinaus liegen der Super Deluxe Box fünf Kunstdrucke und zwei tragbare Masken von Till Lindemann und Peter Tägtgren bei. Der nächste Maskenball kann also kommen.
Einen visuellen Eindruck des Gigs in Russland gaben die vorab via YouTube veröffentlichten Songs "Praise Abort", "Allesfresser", "Blut" und "Home Sweet Home". Insgesamt finden sich 17 Tracks auf dem Album, wobei die in deutsch gesungenen Stücke von "F & M" den Löwenanteil ausmachen. Echtes Konzertfeeling entfacht das druckvoll produzierte Album indes nur bedingt. Die Fans sind lediglich zu Beginn oder am Ende eines Songs zu hören bzw. wenn Lindemann wie bei "Knebel" ungewohnt melodisch singt und der für große geschlossene Locations typische Hall zu vernehmen ist. Um sich beim bloßen Hören ein ungefähres Bild vom Auftritt des deutschen Brachialpoeten machen zu können, sollte man ans theatralische Auftreten Rammsteins gepaart mit Schockelementen denken – nur ohne infernalische Pyroshow.
Dafür bewerfen Lindemann und Tägtgren die Fans bei "Allesfresser" mit Torten. Besonders spektakulär ist das nicht, denkt man an Bands wie W.A.S.P. oder GWAR. Der gute Blackie Lawless warf früher rohes Fleisch ins Publikum, und die Kunststudenten von GWAR bespritzten die Zuschauer mit künstlichem Blut und Ejakulat. Das würde eigentlich zu Lindemanns üblich bizarr sexualisierten Themen wie Fetisch-Sex ("Knebel", "Gummi" oder "Golden Shower") passen. Dafür passt das Tortenmassaker gut zu recht plumpen Zeilen "Ich esse, esse, esse, esse / Stopf mir alles in die Fresse". Dagegen erscheint einem Deutschlands Vorzeige-Asi Jürgen Zeltinger mit dem textlich ähnlich gelagerten "Nie Diät" fast wie ein Feingeist.
Doch um lyrische Spitzfindigkeiten geht es bei Lindemann nur am Rande. Zumal das Publikum in Moskau höchstens rudimentäre Textkenntnisse vorweist. Lindemann verzückt sein internationales Publikum mit böse rollendem "R" und deutschem Akzent, wenn er englisch singt. Musikalisch stehen der Berliner und sein schwedischer Kumpel für hartes Stakkato-Riffing, düstere Industrial-Sounds, epische Melodien und nachdenkliche Akustikpassagen. Dafür lieben die Fans die Band und genau das bekommen sie vollumfänglich geboten – nicht mehr und nicht weniger.
6 Kommentare mit 4 Antworten
weiß eigentlich jemand warum das Projekt Lindemann beendet wurde?
Weil Rammstein schon schlimm genug ist?. Sorry, Steilvorlage
...hab hier irgendwo gelesen, dass es Till stinkt, dass der andere Dude die Namensrechte am Projekt "Lindemann" zugesprochen bekam und unter der Bezeichnung jetzt alleine weiter Musik veröffentlicht?
dachte Till führt das Projekt alleine weiter, so stehts zumindest im Inet. Na wird sich ja zeigen
Weil das kein Mensch braucht.
Die nächste dann bitte: Live in Gulag
Knebel klingt wie Brittill Rammspears.. oder so. Autsch
Deutschlands größter Sänger und Texter seit der Wende.
was für ein Schrott!!! Wie bei Rammstein.... es geht steil bergab!!
Gegenfrage: weiß jemand, warum es so etwas überhaupt gibt?