laut.de-Kritik

Kendrick Lamar zählt zu den Fans der jungen Britin.

Review von

"Trials and persons will be explained. Don't be intimidated but it's ok to be confused. All will make sense in the end." Mit diesem Versprechen, das schon beinahe eine Warnung darstellt, leitet Little Simz ihr Langspieldebüt "A Curious Tale Of Trials + Persons" ein. Neu im Game ist die 21-Jährige aus dem britischen Islington trotzdem nicht: Mit einer guten Handvoll Mixtapes erntete sie bereits Lob und Anerkennung von Presse und namhaften Kollegen.

"Gut möglich, dass sie die Allerkrankeste ist, die gerade am Start ist", bekennt sich etwa Kendrick Lamar als Fan. In der Tat muss Simbi Ajikawo den Vergleich mit ihren Kolleginnen aus Übersee keinesfalls scheuen. Was sie von deren Auftreten und Selbstvermarktungsstrategien hält, verklickert die Britin nicht eben durch die Blume. Sie selbst gibt einen flying fuck auf Majors und damit verbundene Vorschriften, und veröffentlicht ihren Longplayer kurzerhand über das eigene Label AGE 101.

Musikalisch geht es ebenso unkonventionell zu: Ausführliche Spoken Word-Einlagen, eigentümliche Betonungen, nahezu kein Single-Potential und weder eingängige Hooklines noch klassische Song-Strukturen, dabei ein beinahe atemloser Flow mit einprägsamem Akzent machen entspanntes Zurücklehnen beinahe unmöglich. Inhaltlich bleibt Little Simz jedoch hinter ihren Versprechen zurück. Die wenigen von ihr erwähnten Akteure verkommen zu bloßen Statisten, mit deren Hilfe sie vor allem ein Thema behandelt: sich selbst.

Langeweile kommt beim Hören der zehn Tracks, darunter ein Instrumental, trotzdem nicht auf. Simz spielt sich selbst in verschiedenen Stadien ihres bisherigen Lebens und changiert dabei geschickt zwischen Großmut ("Persons") und Selbstzweifeln ("Gratitude"). Schließlich verspricht sie nicht nur sich, sondern auch der vom Lärm ihrer Musik geplagten Nachbarin Mary: "Still I know I'll make it some day, know that I'm not perfect but I swear that it'll be worth it / Mary know that I'ma make it, one day, you just gotta trust me but know I'm not in a hurry."

Dass Simbi es mit dem großen Erfolg nicht allzu eilig hat, merkt man der Platte stets an. Zu schief und undefiniert klingen ihre kurzen Gesangseinlagen ("Full Or Empty"), zu unangepasst die einzige Gasthook von The Hics. Vielleicht weil sie weiß, dass Ruhm auch seine Schattenseiten hat: Anders als die Protagonisten in "The Light" will sich die Rapperin keinesfalls vom Strahlen der Scheinwerfer blenden lassen. Im Tempo gedrosselt und deutlich melodischer wechselt sie behände zwischen direkter Anrede, persönlicher Sicht und allgemeingültigen Aussagen.

Ebenso gelungen präsentiert sich "Dead Body", das auch dank des Soundgerüsts von Deezy Hustle und Prezident Jeff düster und beklemmend wirkt. Die Instrumentalisierung erscheint insgesamt eher minimalistisch, sodass die Protagonistin das außergewöhnlich Erzählte mühelos in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Selbst "Tainted", eigenen Aussagen zufolge "ein beschissener Rap-Song voller Scheißgelaber" und Klischees, der die Person repräsentieren soll, zu der Simbi nie werden möchte, verleiht sie eine persönliche Note.

"All good things come to an end in life, but souls live on forever" heißt es auf dem finalen "Fallen". Gut ist "A Tale Of Trials + Persons" ohne Zweifel. Anstrengend aber auch. Ein kleines Augenzwinkern, hie und da ein doppelter Boden und ein klein wenig mehr sprachliche Originalität hätten ihr textlich gut zu Gesicht gestanden. Trotz allem legt das Album nahe, dass man die junge Musikerin auf der Suche nach sich selbst im Auge behalten sollte. Die ist nämlich noch lange nicht zu Ende.

Trackliste

  1. 1. Persons
  2. 2. Wings
  3. 3. The Lights
  4. 4. Tainted
  5. 5. Gratitude
  6. 6. God Bless Mary
  7. 7. Dead Body
  8. 8. Full Or Empty
  9. 9. This Is Not An Outro
  10. 10. Fallen

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