laut.de-Kritik
Drei dunkelhäutige Schönlinge lassen Frauenherzen schmelzen.
Review von Daniel StraubKaum schält sich die neue Platte von Londonbeat aus der Verpackung, erfüllt munteres Lachen die Redaktionsräume. Kollege Johannesberg denkt an die seligen Tanzkurszeiten zurück, als er zum Londonbeat-Hit "I've Been Thinking About You" seine ersten Schritte auf dem Parkett einstudierte. Und Schreibtischnachbar Schuh schützte damals nicht einmal seine auftoupierte Waverhaarpracht vor den Gute-Laune-Hits der Briten. Mit "Back In The Hi-Life" will das neu formierte Quartett an seine großen Tage zu Beginn der 90er anknüpfen.
Ein hoher Anspruch, denke ich noch bei mir, da peitschen auch schon die ersten Töne aus den Boxen. Aber was ist das? Synkopierte Minimal-House-Beats treiben mir die Fassungslosigkeit ins Gesicht. Wollen Londonbeat jetzt mit Steve Bug in Konkurrenz treten? Vier Takte später ist die Musikwelt wieder in Ordnung. Sanfte Gitarrenchords, mehrstimmige Vocaleinlagen, alles mit viel Hall belegt, legen sich über die trockenen Housegrooves und nehmen ihnen ihre Schärfe, noch bevor sich meine Gesichtsmuskulatur vom ersten Schock erholt hat. Puuh! Alles in Ordnung. Londonbeat melden sich zurück und klingen auch wie Londonbeat.
Kein Wunder, schließlich soll die bewährte Rezeptur die Fanherzen aufschließen und von dort direkt an die Spitze der Charts führen. Drei dunkelhäutige Schönlinge und ein weißer Gitarrist lassen einsame Frauenherzen schmelzen. Hilfreich dabei sind sehnsuchtsvolle Lyrics, hingebungsvoll und mit viel Soul intoniert. Zur Steigerung der Wirkung dürfen selbige gerne auch mehrstimmig eingesetzt werden. Des weiteren haben sich als unverzichtbar erwiesen: karibische Steel-Drum-Rhythmen, dem Zeitgeist geschuldete House-Grooves, weichspülende Sounds aller Art, als da seien: Streicher, Gitarrensoli und Huuhuuu-Chöre, die nach dem Prinzip "viel hilft viel" zu gebrauchen sind.
So klingt "Back In The Hi-Life" denn auch nach Londonbeat par excellence. Ein Album wie aus einem Guss. Nicht einmal neue Texte braucht man als Fan einzustudieren: "I've Been Thinking About You" lässt sich mühelos über beinahe alle Songs des Albums singen. Einzig bei "J-Lo" mit seinem schleppenden Groove ist etwas Improvisationstalent gefragt. Ansonsten warten Londonbeat mit dem auf, was sie schon früher auszeichnete: nette Popmelodien unauffällig verpackt. Der Platz in den Charts scheint damit gesichert: "Back In The Hi-Life" eben.
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