laut.de-Kritik

Die Feen tanzen auf dem Heimweg.

Review von

Celtic Folk, du armer, geprügelter Leprechaun, für welche Scheiße hat man dich schon als Feigen- (oder Klee-) Blatt benutzt. Auf Mittelaltermärkten, Stadtfesten, Einkaufzentrums-Einweihungen musstest du als Katheter für all jene herhalten, denen Musik so fremd ist wie Marsmenschen Stonehenge. Eine der wenigen ernsthaften Künstlerinnen keltischer Musik ist schon seit langer Zeit die Kanadierin Loreena McKennitt.

Diese hat nach ihrem zweiten Rückzug aus der Musik 2019 erneut einen Rückzieher vom Rückzieher gemacht und ist jetzt gerade auf Deutschland-Tournee mit "The Road Back Home". McKennitt will das Album als Rückgriff auf ihre Celtic Folk-Wurzeln verstanden wissen, wobei sie diese nie wirklich abgelegt hatte. Der besondere Reiz des Albums ergibt sich auf dem ersten Blick daraus, dass einge der von der Bardin früh in ihrer Karriere geschriebenen Songs noch nie aufgenommen wurden, es sich also zumindest in Teilen (zwei Songs stammen von "The Visit", zwei von "The Wind That Shakes The Barley") eher um ein live aufgenommenes als um ein Live-Album handelt. Zieht man die drei Instrumentals allerdings ab, bleibt davon gar nicht mehr so viel.

Die Aufnahmen stammen vom Goderich Celtic Roots Festival am 12. August 2023 sowie vom Summerfolk Music and Crafts Festival in Owen Sound (Ontario) am 18. August 2023. Beiden Aufnahmen gemein ist die für ein Festival bestechend hohe Aufnahmequalität und die Unterstützung um die lokale Folk-Band The Bookends, mit denen sie schon für "Under A Winter's Moon" zusammenarbeitete, und ihre langjährige Cellistin Caroline Lavelle. Diese übernehmen auf den instrumentalen "Custom Gap", "Greystones" und "Salvation Contradiction" die Hauptrolle, wobei Ersteres harmlos und zu vernachlässigen ist, das Zweite sehr traditionell ausfällt, während das Dritte ebenso spannend wie gelungen ist. Hinzu kommt auf "Sí Bheag, Sí Mhór / Wild Mountain Thyme" der exzellente Songwriter James Keelaghan.

"Searching For Lambs" beginnt den Reigen bedächtig und sphärisch erhaben. McKennitt hört sich immer noch an wie eine adelige Hochelfe, frisch aus einem Tolkien-Roman entschlüpft. Wie der Rest des Albums hören sich die Texte wie eine Hommage an William Butler Yeats an, kompetent werden naturalistische Elemente und meist recht tiefe Empfindungen verknüpft. Auf "Mary And The Soldier" demonstriert Loreen eindrucksvoll ihren Sopran, das Tempo zieht leicht an, der Song verfällt gleichwohl zumindest instrumental in schablonenhaften Kitsch. Dem entzieht sich "As I Roved Out" ebenfalls nicht, das mit seinem simplen Rhythmus weniger ursprünglich als vielmehr allzu gefällig wirkt. Auch die Traditional-Bearbeitung "Bonny Portmore" kann den zahlreichen vorhandenen Versionen nichts hinzufügen, sondern bietet ähnlich wie das im Original von 1991 stärkere "The Star Of The County Down" nur gehobenen Genre-Standard.

Respekt vor Tradition bedingt längst nicht das Schreiten auf ausgetretenen Pfaden. Celtic Folk hat mehr Optionen als Pub-Gegniedel oder rührseligem IRA-Peaky Blinders-Geweine. Das bewies McKemmitt schon oft und auf dem wundervollen "On A Bright May Morning" tut sie es erneut, weil das Stück eine Spannung findet und dort in den Pop eintaucht, wo viel zu holen ist. Wo die Reise hätte hingehen können, zeigt auch "Sí Bheag, Sí Mhór / Wild Mountain Thyme". Zwar glänzt Keelaghan, das müsste er aber nicht mal - ein Kontrapunkt tut McKennitt schlicht gut und der Ensemblegesang gibt Tiefe, die an anderen Stellen fehlt.

Trackliste

  1. 1. Searching For Lambs
  2. 2. Mary & The Soldier
  3. 3. On A Bright May Morning
  4. 4. As I Roved Out
  5. 5. Custom Gap
  6. 6. Bonny Portmore
  7. 7. Greystones
  8. 8. The Star Of The County Down
  9. 9. Salvation Contradiction
  10. 10. Sí Bheag, Sí Mhór / Wild Mountain Thyme

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