laut.de-Kritik
Hustler-Einheitsbrei.
Review von Anastasia HartleibEs gibt da diese Shirts, die jeder im Schrank hat. Eigentlich war nur ein Shirt geplant, aber im Laden gab es zwei für eins. Und jetzt liegt da dieses Kleidungsstück im Schrank, dass man weder gewollt, noch gebraucht hat. Genauso gut wie alle anderen Shirts die man besitzt, aber irgendwie braucht man es doch nicht. Dieses Shirt ist Luciano.
Das ist jetzt gar nicht unbedingt abwertend gemeint. Das Debütalbum des Berliners zeigt schon, warum Universal Interesse an ihm hat. Passabler Flow, derbe viel Hunger und eine Stimme mit Wiedererkennungswert. Dazu in gewisser Weise vielseitig. Und doch bewegt "Eiskalt" keine Grenzzäune von der Stelle.
Die zwölf Songs halten alles bereit, was von einem Straßenrap-Album erwartet werden kann: Andeutungen über das Leben eines Hustlers, Gang-Treuebekundungen gepaart mit ich-bin-anders-als-ihr-Ansagen. Aber eben auch nicht mehr. Hier und da kann Luciano ein paar 'poetische' Sätze einstreuen, wie zum Beispiel in "Geh Meinen Weg": "Die Welt ist kalt und zerfetzt dich, wenn du ehrlich bist / halt dich fest an dei'm Traum, weil es mehr nicht gibt". In "Flex" liefert er sogar ein nachvollziehbares Sinnbild dafür, warum die Gewalt in einigen Bezirken so präsent ist: "Junge, die Kugeln am Block, ja die fliegen / weil wir durch Hunger hier Psychosen kriegen". Doch "Eiskalt" gibt dem Hörer trotzdem keine Message mit.
Dabei sind die Tracks allesamt hörbar. Die treibenden, düsteren Trap-Beats lassen die Snares zucken und die Bässe ordentlich donnern. Kein Song klingt wie der vorherige, aber irgendwie klingen sie ja doch alle gleich. Mit Ausnahme von "Vorankommen", das (natürlich) tropisch-hip klingt. Die Features muten ebenfalls vorhersehbar an: Den Locosquad-Kumpel Nikky Santoro von früher, plus einen, der eingefleischte Hörer zum reinhören animiert. In diesem Fall muss dafür Gzuz herhalten. Eigentlich schade, liegen doch auf den Schultern des 187ers die Hoffnungen so vieler, die des ganzen Straßenrap-Einheitsbreis überdrüssig sind. Auch wenn es Gzuz wirklich zu gönnen ist, dass jetzt jeder und sein Kumpel ein Feature haben will, so sollte er doch etwas bedachter auswählen, wem er diese Ehre zuteil werden lässt.
Leider lässt sich an dieser Stelle nicht mehr wirklich viel über Lucianos Debüt sagen. Der Junge weiß seine Stimme effektiv einzusetzen, hat Hunger und richtig Bock, zu zeigen, was er kann. Doch die Major-Maschinerie macht aus ihm einen, der genauso klingt wie viele und sich nur durch Kleinigkeiten unterscheidet - Was für einen Hafti sein 'Cho' oder für Capital Bra sein 'Bratan', das ist für Luciano sein 'Negro'. Doch derartige Feinheiten reichen leider nicht, um aus der Masse passabler bis weniger passabler Rapper herauszustechen.
10 Kommentare mit 8 Antworten
Lutsch i a no?
1/5 ungehört
cover + titel +fresse: 1/10
wovor ich im d-rap wirklich immer wieder aufs neue meinen hut ziehen muss, ist diese absolut unbeirrbare geschmackssicherheit in punkto albumcover
Tja, nun ist ApoRed nicht mehr der "Bottom" des "Raps"
Nun ist Luciano wesentlich juenger als ich, und eigentlich sollte ich mir da selber denken: “Alter, lass’ endlich die Fisimatenten.” Es ist aber viel schwerer, aus dem Strassenleben raus-, als ueberhaupt reinzukommen.
Was 2015 DS2 war, 2016 ‘Savage Mode’, ist 2017 Luciano: Lebensretter. Seine Musik spiegelt [im Deutschrap] meine Lebensrealitaet heuer am akkuratesten wieder.
‘Vorankommen’ fuer mich der Deutschraphit des Jahres, Album zusammen mit ‘Banditorinho’ 5/5.
Bester Trap in Deutschland.