laut.de-Kritik
Ordentlicher Gebrauchspop mit schönen Stimmen.
Review von Artur SchulzDer alte Mann und das Meer des Teen-Pop. Erst neulich hatte ich die mir eigentlich zustehenden Besprechungs-Hemingways einmal beiseite gelegt, um dann - für mich durchaus überraschend - mit Taylor Swift sogar einen nicht unappetitlichen CD-Happen an Bord zu hieven. Fast schon wieder auf dem Weg zurück an Land, zappeln nun plötzlich Luttenberger*Klug in meinem Netz.
Die Zutaten: eine Prise Rock, ganz viel Pop und zwei saubere, warme, wohlklingende Stimmen. Der Alben-Einstieg "Fliegen" bedeutet zugleich die erste Single-Auskopplung. Eine eingängige Radio-Nummer, nicht sonderlich innovativ ausgestattet, aber mit Wiedererkennungswert in Sachen Beat: Da grüßt doch hörbar der alte NDW-"Codo" von Inga Humpe & Tauchen/Prokopetz.
Darauf folgen zwei ordentliche Song-Treffer. "Mehr Oder Weniger" rückt mit im Refrainteil sehr effektiv aufgestellten Rhythmen die Leistungsfähigkeit der Stimmen von Chrissi und Michelle in den Mittelpunkt. Ähnlich verfährt der gelungene Titeltrack "Mädchen Im Regen", eine fraglos gutklassige Pop-Nummer mit viel Liebe in Sachen Detail und Spannungs-Aufbau. Textlich gewiss der passende Tröster für sitzengelassene oder nicht beachtete Mädchen. "100 Flieger" klingt hingegen ein wenig zu sehr nach gewollter Naivität.
Einzig richtiger Total-Ausfall des Albums ist die schon ärgerlich zu nennende Pseudorock-Nummer "Stop", die nun gar nicht zum sonstigen Output der Sängerinnen passt: Hier klingen sie in Arrangement und Vokal-Arbeit wie die kleinen Schwestern von unausstehlichen Rotzgören der Marke "Fräulein Wunder". Das macht insgesamt ein weiteres Manko der CD deutlich: die Suche nach dem gänzlich stimmigen Stil-Outfit, das dann auch manches Experiment besser glücken ließe.
Viel besser geraten das mit viel Akustik verzierte "Sag Doch Einfach", das schlicht mit gutem Songwriting und unaufdringlichem Arrangement aufwartet, "Willkommen Im Leben" und "Bleib stehen". Gerade mit einer Thematik, die meist in üblen Kitsch-Untiefen versinkt, punkten Luttenberger*Klug gegen Alben-Ende: "Kinder", eine anrührende, melodische Ballade über die Furcht des Verlusts von Jugend-Träumen an der Schwelle zum Erwachsensein. Das Ganze erinnert als angenehmer Mix von sentimentalen Juli- und Diane Weigmann-Momenten.
Produktionstechnisch zeigt sich "Mädchen Im Regen" tadellos. Selten versinken die Songs trotz ihrer Eingängigkeit in allzu seichten, austauschbaren Schlager-Pop. Produzent Alexander Kahr weiß schließlich, wie es geht: Denn er verhalf auch Christina Stürmer zu ihren Charts-Erfolgen. Für die Kompositionen zeichnen u. a. Christian Neander (Selig) und Tony Cornelissen (Cascada, Tobias Regner) verantwortlich. In kleinem Rahmen sind Michelle und Chrissy ebenfalls mit eingebunden.
Luttenberger*Klug versprühen eine Menge positiver Girl Next Door-Attitüde, und das ist fraglos angenehmer als die Aufgesetztheit vom Schlage eines übersexualisierten Zicken-Überfallkommandos der Sorte LaFee. Ordentlicher, handgemachter Gebrauchspop eben. Und schließlich: Zu Beginn des Alben-Hörens pledderten noch scheußliche Regenschauer gegen meine Fenster. Jetzt, zum Ausklang, scheint freundlich die Sonne. Na, also.
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