laut.de-Kritik

Wie Cola ohne Kohlensäure: prickelt einfach nicht.

Review von

2011 zieht es die fünf von Luxuslärm also auf den Rummelplatz, kommen aber zu spät an am "Carousel": die Lichter sind längst aus. Nimmt man das Album als musikalische Entsprechung eines Jahrmarkts, treibt es einen rasch wieder weg von dort. Denn die einzigen im Übermaß auffindbaren Angebote sind achtlos weggeworfene, verklebte Zuckerwatte-Tüten und im Wind klappernde, zerknüllte Bierdosen.

Das klang doch ganz gut, was Luxuslärm Anfang 2010 auf "So Laut Ich Kann" boten. Gerade die Songs "Jemand Anders Sein" und "Vergessen Zu Vergessen" präsentierten fein ausgespielten Pop-Rock mit dem richtigen Händchen für gekonnten Kitsch und große Melodien. Davon ist wenig übriggeblieben. Ebenso was das ursprüngliche Line-Up der Band angeht. Drei Neue sind an Bord; von den fünf Gründungs-Mitgliedern verblieben nach dem großen Wechselspiel im Mai des Jahres nur noch Sängerin Janine und Schlagzeuger Jan.

Das führt nicht zu einer willkommenen Auffrischung und Weiterentwicklung. Im Gegenteil: zum "Intro" schrammeln die Gitarren zwar ganz ordentlich. Doch eben so, wie Deutschrock-Bands mit Nachwuchs-Preisen halt vor sich hin bratzen. Mittlerweile nicht mehr auszuhalten: so ziemlich jeder Act meint, einen Song im Programm haben zu müssen, der sich gegen DSDS / Schlankheitswahn / falschen Medienschein richtet.

Luxuslärm haben deshalb "Mehr Gewicht" im Angebot - doch trotz Unterstützung von Culcha Candela kommt da nichts Gescheites bei raus. Beim großen Rundumschlag bekommen alle ihr (sicher verdientes) Fett weg, von Bohlen bis zu Heidi Klum. Als hilfreiche Retter in der Not fungieren für Luxuslärm Haribo und Ritter Sport. Gut gemeint ist - und bleibt - eben nur das schäbige Gegenteil von gut gemacht.

Nervig auf Albenlänge: die übermächtige Text-Zentrierung auf jugendliche Lebens-, Liebens-, Befindlichkeits-Themen zwischen der sechsten und neunten Klasse. Manch durchaus effektvoll aufgebauter Song versumpft spätestens während des vermeintlichen Höhepunkts. Die großen Hooks sind Janine & Co nämlich ausgegangen. Cola ohne Kohlensäure prickelt einfach nicht. Mit echtem Rock hat das alles kaum etwas zu tun, und mit gutem Pop sowieso nicht. Janines Gesang zeigt sich gleichermaßen einsatzfreudig, wie in Sachen Ausdruck recht limitiert und berechenbar.

"Macht sie dich nur geil / oder berührt sie dich?" lautet unbeabsichtigt doppeldeutig-missglückt eine Frage in "Liebt Sie Dich Wie Ich?". Holprige Reim-Unfälle finden sich zuhauf: "Ein Starbauch ist nicht immer flach / siehe Cindy aus Marzahn und Dirk Bach" ("Mehr Gewicht"). Textlich spielt sich das Ganze häufig in der Nena- und LaFee-Liga ab. Da hilft dann nur noch eins: "Nur'n bisschen chillen / nur'n bisschen feiern / das wird gut!" ("Lagerfeuer-Song").

Ganz verrucht versucht sich Janine 'Jini' Meyer auf "Aus Dem Sinn" als halb hin- und hergezogenes Opfer der erotischen Begierde. "Ich weiß, du gehörst zu ihr", stellt keinen großen Hinderungsgrund dar, missglückte Lüsternheits-Simulation in den Gesangspassagen inklusive. Elektronisch verzerrt springt ein unfreiwillig komisches "Hey Baby" vorbei. Erotisch geht anders.

Lärm machen sie ja eine Menge, die fünf Iserlohner. Doch in Sachen "Carousel" darf man sich gern den Luxus leisten, den zugedachten Platz im Plattenregal mit etwas Gehaltvollerem zu füllen. Woran das liegt, erkennt Janine selbst nur zu gut: "Hier fehlt etwas / das mehr Gewicht hat". Exakt.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Liebt Sie Dich Wie Ich?
  3. 3. Atemlos
  4. 4. Mehr Gewicht
  5. 5. An Dich
  6. 6. Ich Beweg' Mich Hier Nicht Weg
  7. 7. Carousel
  8. 8. Irgendwo Da Draussen
  9. 9. Der Beste Tag Meines Lebens
  10. 10. Über Uns Der Himmel
  11. 11. Du Bist Schön
  12. 12. Weil Man Es Liebe Nennt
  13. 13. Lagerfeuer-Song
  14. 14. Aus Dem Sinn

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Luxuslärm – Carousel €3,12 €3,00 €6,12
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Luxuslärm – Luxuslärm - Carousel Limited CD + DVD Edition (Re-Release) €9,53 €3,00 €12,54

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Luxuslärm

Die Iserlohner Pop- und Rockband Luxuslärm zeigt sich als gutes Beispiel für eine kontinuierlich gewachsene Formation. Die Ursprünge reichen zurück …

49 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Geil! Danke an den Dude, der mir diese Rezension inklusive Kommentarbereich nahe gelegt hat. Die Fans, die sich hier mobilisiert haben, sind tatsächlich saudummer als ich es jemals erwartet hätte. Solche Argumente erwartet man von Achtklässlern, aber wahrschnlich sind die Leute wie Lanna solche oder intelektuell einfach auf dem Stand geblieben, naja.
    Ich persönlich mag ja das erste Luxuslärm Album sehr gerne, aber danach ging es mit der Band sowas von bergab. Also, ich kenne kaum Bands, die ich mal mochte und die in meiner Gunst so ins Gegenteilige gerutscht sind. Da wünsche ich mir lieber die Auftritte bei Bochum Total und Konsorten zurück, als sie bei einem Gig zwei Mal 1000 km singen musste, um die Zeit zu füllen, bevor ich mir die heute gebe und die ihre Setlist mit Scheisssongs anderen Alben füllen.
    Für mich sind die der Prototyp der deutschen Durchhaltelyrik, es ist zum Verrückt werden.

    Und nun: Hopp, hopp, rezensiert das neue Album!

  • Vor 10 Jahren

    an alle. Ihr äussert Eure Meinung auf hoch interlektuellen Niveau. Kotz. Könnt ihr euch nicht menschlich ausdrücken. @jana, Deine Hobbys möcht ICH haben.....Luxuslärm und Jinie for ever....Und Athur hat eh den A.... auf

  • Vor 10 Jahren

    Okay, was ist hier in letzter Zeit los? Haben alle belanglosen Künstler Deutschlands einen Pakt geschlossen und ihre pubertäre Fanbase auf die laut'sche Kommentarsektion losgeschickt?