laut.de-Kritik
Back to basics – mal zu sehr, mal genau richtig.
Review von Ben SchiwekChef-Indieboy Mac DeMarco hat über die Jahre seinen Sound gefunden. Zuletzt hörten wir ihn aber ziemlich experimentierfreudig, mit gleich zwei ungewöhnlichen Alben im Jahr 2023: Zum einen war da "Five Easy Hot Dogs", das aus rein instrumentalen Stücken bestand und sich vom Singer-Songwriter-Stil entfernte. Und zum anderen gab es das berüchtigte "One Wayne G": ganze 199 Tracks, neuneinhalb Stunden voller mehr oder weniger fertigen Songs. Manche davon waren extrem kurz und unentschlossen, andere waren ausschweifende Sound-Exkursionen oder probierten sich an bisher unangetasteten Genres – kurzum ein Einblick in Macs Arbeitsprozess.
Nun aber heißt es: back to basics! Zwölf Songs bilden ein Album, das schlicht "Guitar" heißt. Außer ebendieser Guitar gibt es hier auch kaum andere Instrumente. Akustikgitarre, Bass, Drums und eine Gesangsspur, das war es so ziemlich. Wenn mal E-Gitarre vorkommt, dann als trockenes Signal ohne Effekte. Von Synthesizern oder ausgefeilterer Percussion ebenfalls keine Spur. Die Intention ist klar: So einfach und authentisch wie möglich! Da hört man auch mal, wie Mac am Ende der Aufnahme die Gitarre weglegt oder vom Stuhl aufsteht.
Damit liegt der Fokus hier wieder mehr auf dem Songwriting, den Melodien und den Texten – und auch diese müssen nicht kompliziert sein. Mac DeMarco hat schließlich schon öfters ein Gespür für Minimalismus bewiesen. Manchmal funktioniert dieser unmittelbare Ansatz des Albums richtig gut: Sobald man auf dem ersten Track "Shining" auf Play drückt, geht's auch direkt ohne Vorwarnung oder langsames Intro los. Mac präsentiert uns sofort unverblümt seine Emotionen, verletzlich und ehrlich klingt er.
"Ich denke, 'Guitar' ist so nah dran an dem, wo ich gerade im Leben stehe, wie ich es überhaupt festhalten kann", sagt Mac DeMarco selbst. Ohne schnörkelige Metaphern erzählen seine Texte auf dem Album von Herzschmerz und persönlichen Ängsten – und der simple musikalische Stil unterstützt das.
In "Home" singt Mac etwa von der Angst, in seine Heimat zurückzukehren, da er dort mit so vielen Menschen aus seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Diese verbindet er mit schmerzhaften Erinnerungen oder sie haben sich von ihm abgewandt, als er keine Zeit mehr für sie hatte. Simpel formuliert, glaubhaft vorgetragen.
Auch "Holy" sticht als Highlight heraus, da hier vor allem die musikalische Simplizität aufgeht: Ein bluesiger Groove, eine catchy Gitarrenmelodie und nur zwei kurze Strophen, mehr braucht es nicht.
Andere Tracks klingen dann aber doch so einfach und gemächlich, dass sie in der konstanten Unaufgeregtheit von "Guitar" untergehen. Das Rad in Mac DeMarcos Diskographie neu erfinden tut hier sowieso nichts. Die besten Songs überzeugen mit ihrer simplen Prägnanz, andere wirken etwas charakterlos und wie Motive, die man bei diesem Künstler schon etliche Male gehört hat. Auf einer Länge über 30 Minuten wäre "Guitar" ziemlich eintönig geworden. So wie es ist, hat es ein paar nette Highlights und eine authentische Atmosphäre – wird aber hauptsächlich Mac DeMarcos Diehard-Fans komplett vom Hocker hauen.
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