laut.de-Kritik
Die Wiener Klangmafia entdeckt kastilianische Folklore.
Review von Kai KoppDer Name ist in doppelter Hinsicht Programm! Geografisch betrachtet ist Madrid De Los Austrias das historische Zentrum von Madrid, das vor 500 Jahren tatsächlich in österreichischer Hand war, den Habsburgern sei Dank. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um die Wiener Clubgurus Heinz Tronigger (aka DJ Don Zanuste) und Michael Kreiner (aka Pogo), die sich hinter diesem Bandnamen-Ungetüm verbergen.
Sie haben es sich zur Aufgabe erkoren, die alte Bande zwischen Wien und Madrid musikalisch neu auszuloten. "Österreichischer Flamenco" oder "die Wiener Klangmafia entdeckt kastilianische Folklore" sind deshalb punktgenaue Formulierungen, um die Musik von Madrid De Los Austrias zu beschreiben.
Die Berührungspunkte von traditionellem Flamenco und moderner Wiener Club-Klangkunst präsentieren sich vielseitig und äußerst (ent-)spannend. 2001 wehte die Fahne des Duos mit dem Debüt "Amor" zum ersten Mal in diesem interessanten Wind. Inzwischen ist einiges an Erfahrung hinzugekommen und das Konzept erscheint ausgereifter - auch wenn die Kritikpunkte sich ähneln.
Das Dilemma der Clubmusik ist nun mal, dass sie am Computer entsteht, dem trotz aller technischer Raffinessen keine echte Lebendigkeit abzutrotzen ist. Gerade im Kontext handgegerbter Folklore ergeben sich daraus einige Chancen, aber auch gewisse Risiken.
Die Möglichkeiten nutzen MDLA, indem sie die elf Songchimären von "Más Amor" leicht verdaulich und gut gelaunt aus den Boxen schubsen. Die spanischen Flamenco-Gitarren und die exzellenten Folk-Vocals sorgen dabei andauernd für die nötigen Hinhörer. Allen voran der hervorragend gelungene Track "Un Mensaje". Dass dem Flamenco im Clubkontext die allzu widerborstigen Reißzähne gezogen werden, versteht sich dabei von selbst. Das ist nötig, um ihn für die Lounge verdaulich zu machen.
Die Risiken freilich liegen in der Statik des Instrumentes Computer begründet. Pattern-artige Drum-Arrangements und Basssound-Synthesizer sorgen nur bedingt für Dynamik, Abwechslung und Livehaftigkeit, die dem erdigen Flamenco eigentlich entsprächen. Der Opener "Para Don Alonso" kündigt dieses Manko auf beeindruckende Weise an, "No A La Guerra" offenbart es mit voller Wucht. Wie würden diese Club-Funk-Tunes mit echtem Basssound und lebenden Musikern gewinnen!
In mehr als der Hälfte der Fälle schmeckt die Wiener Melange aus Folk und Funk jedoch ausgezeichnet. Welches Album kann schon eine solche Chance/Risiko-Ausbeute aufweisen? Grund genug, "Más Amor" ein insgesamt gutes Zeugnis auszustellen.
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