laut.de-Kritik

Intelligente Platte, die mächtig groovt.

Review von

Absolute Aussagen haben immer auch Ausschlusscharakter. Wenn also der Körper mir alles gibt, wo bleibt dann der Geist, das Hirn? Ist es nicht vorhanden oder wird es nicht gebraucht? Solche Interpretationsversuche würde Tom Barman, bekannt als Frontmann der belgischen Indierocker dEUS, weit von sich weisen. Er wollte nur, dass "Body" im Titel vorkommt und gleich klar wird, wohin die musikalische Reise gehen soll. Bewegung ist das Ziel.

Gemeinsam mit C.J. Bolland, einem bekannten Techno-DJ, dem einst die Ehre zuteil wurde, die berühmte DJ Kicks-Reihe zu eröffnen, gründete Barman das Duo Magnus, das nun, nach über drei Jahren mehr oder weniger intensiver Zusammenarbeit seinen Erstling heraus gebracht hat. Mit "The Body Gave You Everything" wollte der dEUS-Gitarrist seine bislang nicht ausgelebte Begeisterung für elektronische Klänge endlich zum Ausdruck bringen. "I've been listening to techno, house, drum'n'bass intensly. Magnus is the synthesis of all these influences."

Die Absicht der beiden wird bereits im Opener deutlich. "Rhythm Is Deified" ist die Aufforderung, alles, was einem den Hörgenuss dieser Scheibe vermiesen könnte, auszublenden. Für die nächsten fünfzig Minuten sollst du keine anderen Götter neben mir haben. Fühl' den Rhythmus und beweg' dich. Diese Botschaft zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. Und es funktioniert. Mit den ersten Klängen hat das Stillsitzen ein Ende. Willkürlich fängt schon mal der Kopf an zu wackeln und mag gar nicht mehr aufhören bis hin zum launigen Finale, dem zurückhaltenden "Assault On Magnus", das kurz vor Schluss noch mal in die Vollen geht und von den beiden zum "hangover after the party" deklariert wird.

Dazwischen eröffnet sich dem geneigten Hörer ein Sammelsurium moderner Tanzmusik. Das eher sphärische "Summer's Here" erinnert an Air und ist gleichzeitig der Titelsong von Barmans erstem Spielfilm. "Any Way The Wind Blows", so der Titel des Films, soll im Sommer in die Kinos kommen, hat in Deutschland allerdings noch keinen Verleih. "French Movies" hat was von Elektropop, während "Soft Foot Shuttle" mit seinen flotten Breakbeats einem klassischen Drum'n'Bass-Track sehr nahe kommt. In diesen Regionen bewegt sich das gesamte Werk, das überraschender weise einen gemeinsamen Nenner hat: Funk. Wie in "Jumpneedle" der Bass wummert und die Gitarre in kurzen Sequenzen dazu stößt, würde das Stück auch wunderbar zu einer wilden Verfolgungsjagd in einem schwarzen Polizeifilm der Siebziger passen.

Zwar ist das am häufigsten vorkommende Wort in den von Barman gesungenen Texten "move", aber er selbst hält die Platte nicht unbedingt für clubtauglich. Für den klassischen Umzumzzappler sind die Songs nicht monoton und ausladend genug. Außerdem sind sie sehr vielschichtig und organisch, was vor allem an der umfangreichen Liste an Gastmusikern liegt, die von Thomas De Smet (Zita Swoon) über David E. Edwards (16 Horsepower) bis zu Angelique Willkie (ex Zap Mama) reicht. Barman empfiehlt, die Platte beim Essen oder im Auto auf dem Weg zur Party zu hören. Er vergleicht sie mit der letzten Moloko-Scheibe, die ebenfalls sowohl zum Tanzen wie auch zum Zuhören geeignet sei. Auf keinen Fall sollte man, wenn man denn auf eine Party geht, die Platte im Auto vergessen. Es gibt bestimmt eine Menge Leute, die bei diesen Klängen den Arsch nicht mehr still halten können und so dem innigsten Anliegen von Magnus nachkommen. Sie bewegen sich.

Tom Barman und C.J. Bolland haben uns zu einer neuen Erkenntnis verholfen. Die Schnittmenge aus Techno und Rock ist: Funk. Eine intelligente Platte, die mächtig groovt. The Brain is Nothing.

Trackliste

  1. 1. Rhythm is deified
  2. 2. Summer's here
  3. 3. French movies
  4. 4. Soft foot shuffle
  5. 5. Jumpneedle
  6. 6. Hunter/Collector
  7. 7. The pick-up
  8. 8. Rock chick
  9. 9. Pistolero savvy
  10. 10. Buttburner
  11. 11. Assault on magnus

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