laut.de-Kritik
Heimatverbunden und tiefenentspannt.
Review von Kai ButterweckOb mit dreckigen Rockhymnen ("Bring 'Em In", "Hurricane Bar"), experimentellen Spielereien ("Give Me Fire") oder Ausflügen in anorganische Gefilde (Caligola): Die beiden Mando Diao-Chefdenker Björn Dixgård und Gustaf Norén haben in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen, dass sie mit nahezu jedem Genre auf Du und Du stehen.
Damit es im Hause der Schweden auch ja nicht langweilig wird, hieß es in den vergangenen Monaten: Kapuzen beiseite, alle Mann wieder an Bord – mal schauen, was es im unendlichen Musikuniversum noch so alles zu entdecken gibt.
Über eine Freundin der Band kam man in den Genuss von tiefgreifenden Gedichten des schwedischen Lyrikers Gustaf Fröding (1860-1911), einem antiquierten Womanizer mit Hang zur Flasche. Doch in welch musikalisches Gewand sollte man die aufwühlenden Verse des Landsmannes betten? Angezerrte Gitarren? Vertrackte Disco-Beats? Oder hypermoderne Dubstep-Sounds?
Nichts von alledem – stattdessen setzen sich die fünf Schweden zusammen mit Dixgårds Schwester Linnea und einem kleinen Streicher-Ensemble ans wärmende Lagerfeuer und erweisen den Fröding-Reimen mit zarten, fast ausnahmslos akustischen Klängen die Ehre.
Diese Tatsache allein zeugt schon von großem Mut der Verantwortlichen. Dass das Ganze dann aber auch noch - komplett in Schwedisch vorgetragen - von vorne bis hinten funktioniert, verdient nicht nur Anerkennung, sondern schreit förmlich nach einer Aufnahme in die leider noch nicht vorhandene Wir-können-machen-was-wir-wollen-es-wird-immer-geil-Hall-Of-Fame.
Wahlweise komplett instrumentiert und schunkelnd ("Strövtåg i Hembygden", "Titania") oder spartanisch arrangiert und tiefenentspannt ("Den Självslagne", "Men") lassen Mando Diao die Seele baumeln und liefern dabei dennoch Spannungsmomente im Minutentakt.
Das liegt vor allem an den unverwechselbaren Stimmfarben der beiden Bandköpfe Dixgård und Norén, die sich aufgrund des minimalistischen Backgrounds kräftiger und intensiver denn je durch die Boxen schälen. Unangepasst, authentisch und fast schon über den Dingen stehend: Mit "Infruset" festigen Mando Diao ihren Status als ungekrönte Yin-und-Yang-Titanen des Business'.
9 Kommentare
Geilo, wird gekauft. Finde es ohnehin klasse, wie sie sich immer wieder aus den Fesseln des krassen Mainstreams befreien und den Mut für Projekte wie dieses aufbringen. Erinnert mich spontan stark an 'Never Seen The Light Of Day', das - denkt man z.B. an 'Dalarna' - ein ziemlicher Bruch zum Vorgängeralbum war. Hoffe jetzt auf eine ähnlich herbstlich- vorweihnachtliche Stimmung.
Und so als praktischer Halbschwede und glühender Anhänger seit 'Bring 'Em In' freuts mich ohnehin, dass sie jetzt endlich mal was auf schwedisch machen:)
Der perfekte Minecraft-Soundtrack
Hätten die Songs nicht unter dem Namen Mando Diao veröffentlichen sollen.
Ansonsten wirklich wunderschöne Melodien, zu den Songtexten kann ich leider nicht viel sagen.
@elfi werner (« Mutig - stilvoll - fesselnd - so kennen wir unsere Lieblingsschweden - und wollen sie auch niemals missen mit ihrem einzigartigen Talent,das sie im neuen Album "INFRUSET" unter Beweis stellen.Mando Diao können nicht nur die glühenden Fans ,sondern auch immer wieder neue Hörer mit ihrer Kunst erreichen und begeistern! »):
du hast dich vertippt und dein nick sollte eigentlich "warner" heissen, oder?
Ich mochte ihre ersten beiden Alben sehr, habe Mando Diao dann aber ein bisschen aus den Augen verloren. Die Rezension und die Tatsache, dass die Texte auf Schwedisch sind (aus irgendeinem Grund mag ich gesungenes Schwedisch sehr), hat mich dann aber neugierig gemacht und ich muss sagen, mir gefällt das Album ziemlich gut, könnte mir vorstellen, dass ich das im Winter öfter höre.
Okaaay, also das hätte ich jetzt nicht erwartet... Aber im Endeffekt kann man dieses Album doch durchaus als Bereicherung ansehen!
Der Rezension würde ich auf jeden Fall unterschreiben; man hätte vlt. noch schreiben können, dass Mando Diao hier einen auf Konzeptalbum machen