laut.de-Kritik

Locker-luftige Rückmeldung der Britrock-Helden.

Review von

'Conquer yourself rather than the world' - mit diesem Descartes-Zitat eröffnen die Manics das Booklet ihres neuen Album "Lifeblood". Neben den weisen Worten erblickt das Auge einen mit Blut gezeichneten Körper, der sowohl auf dem Cover als auch im weiteren Verlauf des Artworks auftaucht. Ob die Manic Street Preachers mit dieser visuellen Darstellung auf die Tiefe des Albums aufmerksam machen wollen, sei dahin gestellt. Jedenfalls beweist sogleich das erste Stück "1985", dass es sich hier um einen (von den Texten mal abgesehen) locker, luftigen Manics-Wurf handelt.

Sanfte Gitarrenklänge umhüllen Synthie-Gerausche und werden natürlich von James Dean Bradfields einzigartiger Stimme begleitet. Er erzählt von seiner Weltanschauung im lange vergangenen Jahr 1985, huldigt seinen Helden wie Morrissey und Johnny Marr, zitiert Nietzsche und befindet George Orwells Theorie für richtig. Danach ertönt mit einem komisch stampfenden Beat die erste Singleauskopplung "The Love Of Richard Nixon". Aber wie der Titel schon verspricht, ist der Song eher gewöhnungsbedürftig. Langsam holpert die Melodie vor sich hin und besingt im seicht, soften Refrain die Liebe von Richard Nixon.

"Empty Souls" - eine weitere Single - ist mein persönlicher Liebling. Ein von Klaviertasten getragenes Stück, das wieder an die locker, flockige Atmosphäre anknüpft. Selbige findet man auch auf "I Live To Fall Asleep". Wunder, wunderschöne, simple, stilvolle Klanggewänder legen sich über die naiv-ironischen Lyrics. Obwohl es ein tiefgehender und ernsthafter Text ist, bringt die unbeschwerte Melodie Sommergefühle zurück.

"To Repel Ghosts" erinnert mich irgendwie an "If You Tolerate This Your Children ..." vom 1998-er Erfolgsalbum "This Is My Truth Tell Me Yours". Es findet sich eine ähnliche Songstruktur, jedoch lange kein so Hymnen-artiger Inhalt. Nach dem weiteren klassischen Manics-Stück "Emily" verliert die Platte ein wenig an Tempo. Sanft, soft, locker, flockig geht es weiter und endet mit dem optimistisch klingenden "Cardiff Afterlife".

Wie Kollegin Butscher an "Know Your Enemy" diagnostizerte, befindet sich die Band immer noch auf dem Rückzug vom absoluten Pop-Bombast und wird diese Kursrichtung wohl auch beibehalten. Trotzdem, die Manics sind die Manics sind die Manics ... und das bleiben sie auch.

Trackliste

  1. 1. 1985
  2. 2. The Love Of Richard Nixon
  3. 3. Empty Souls
  4. 4. A Song For Departure
  5. 5. I Live To Fall Asleep
  6. 6. To Repel Ghosts
  7. 7. Emily
  8. 8. Glasnost
  9. 9. Always / Never
  10. 10. Solitude Sometimes Is
  11. 11. Fragments
  12. 12. Cardiff Afterlife

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1 Kommentar

  • Vor 15 Jahren

    Um meinem Vorredner ein klein wenig zu widersprechen, muss ich doch anmerken, dass die Platte vielleicht wirklich nicht mit so hymnenartigen Songs daherkommt, wie manch anderes Album der Preachers. Dennoch verfügt es über seinen ganz eigenen Charme und gibt mit einigen Songs, wie "A song for a departure" oder "I live to fall asleep", genau wie "Cardiff afterlife", die Gefühlswelt Nicky Wires wider, der sich immernoch mit dem Verschwinden Richey Edwards auseinandersetzt.
    Abgerundet wird das ganze, meiner Meinung nach, durch den Song "Fragments", der aus der Feder von Patrick Jones, Nickys Bruder und seines Zeichens Dichter, stammt.