laut.de-Kritik
Harmonie-Gesänge und Gitarren zwischen The Byrds und den Beach Boys.
Review von Matthias von ViereckVier Tage nur nach dem großen Mondlandejubiläum erscheint hierzulande eine Platte, die nicht nur mit einem Stück namens "Moonboot Canyon" loslegt. Nein, das Cover zeigt zudem einen Yeti umringt von Fliegenpilzen, der einen Ghettoblaster (siehe Albumtitel!) schultert und offensichtlich Moonboots trägt! Das alleine ist schon verwirrend genug (hoffentlich bekommt Reinhold Messner davon keinen Wind…). Wenn man dann noch hört, was für Musik sich auf dieser CD befindet, gerät man vollends ins Grübeln. Das soll Musik aus New York sein? Diese Musik passt so sehr zum Big Apple wie ne' Currywurst. Nämlich gar nicht.
Das niedliche Cover lässt zudem eher an Laptop-Frickeleien denken, ganz bestimmt aber nicht an das, was wir zu hören bekommen: Wunderschöne Harmonie-Gesänge und Gitarren irgendwo zwischen The Byrds, Tom Petty und den Beach Boys. Man achte auf die Pedal Steel im ersten Stück. Wer hier nicht ins Schwärmen gerät, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Ahornfreunde (maple!) aus Brooklyn erinnern mit ihrem zweiten Album ein ums andere Mal ans tolle, unlängst veröffentlichte Debüt von Delta Spirit. Nur, dass die wirklich aus Kalifornien stammen. Ganz toll auch die Songtitel: "Over Hills And Down The Hollows", "North Shore Baby", "Daughters Of The Empire", "Easy".
Tatsächlich ist die Musik von Maplewood extrem easy going. Zur Besetzung gehören Mitglieder von Nada Surf, Champale und Koester. Dass alles so wahnsinnig unangestrengt, dabei aber nie schludrig daher kommt, verblüfft. Googelt man den Bandnamen, stößt man auf Etiketten wie "canyon-rock". Was einerseits ganz hervorragend passt. Andererseits fallen einem noch zig andere Genres ein: Pot-Rock, Hippie-Surf-Rock, Ahorn-… Na ja, lassen wir das. Die lichtdurchfluteten Perlen der New Yorker behaupten sich auch ohne Schublade ganz gut.
Vor Ausflügen ins Country-Fach scheut man nicht zurück, was der Musik keineswegs schadet. "Embraceable" etwa hat einen leichten Nashville-Touch, an anderer Stelle ist von "Cowboy Boots" die Rede. Nicht einmal die Trompeten in "Dust" vermögen zu nerven. Selbst die Tom Petty-Variation "What It Is To Fly" (wer erinnert sich an "Learning To Fly"?) geht nicht in die Hose. Manchmal freilich ist es zu viel mit der Harmonie. "Long White Ride" etwa kommt etwas zu redundant daher, auch wenn die Gitarren ganz wunderbar gurren.
Noch in den 80ern wäre man in New York für den "breezy sound" (wie es im Pressetext heißt) der Maplewoodianer geteert, gefedert und gesteinigt worden. Heute ist so etwas, auch und gerade dank der Avantgardisten in Brooklyn längst kein Sakrileg mehr. Und doch: Mit diesem Sound dürfte Maplewood selbst im hippen Melting Pot eine Sonderstellung zukommen.
Zum Ende der Platte schleichen sich leichte Ermüdungserscheinungen ein: Titel wie "The Last Yeti" (Pst, ja nix dem Messner erzählen!) oder "This Town Too Long" plantschen in allzu seichten Gewässern. Ohnehin muss man leider konstatieren, dass Maplewood immer wieder Gefahr laufen, in die Gefälligkeitsfalle zu tappen. Das ändert aber nichts am eigentlichen Befund: Diese Platte ist von einer so unerhörten, wohligen Entspanntheit, dass man sich kaum bessere Sommermusik denken kann. Dass das Ganze größtenteils im Winter aufgenommen wurde, erstaunt umso mehr. Darauf erst mal ein dickes Ahornsirupsandwich!
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