laut.de-Kritik
Splittriger Post-Punk fürs Jutebeutel-Volk.
Review von Kai ButterweckVor gut einem Jahr schälten sich Marathonmann mit ihrem Debütalbum "Holzschwert" wie ein dorniges Gestrüpp aus dem Münchner Post-Punk-Untergrund empor an die Oberfläche. Inspiriert von Bands wie Muff Potter, Turbostaat und Frau Potz streute die Band ihren musikalischen Jutebeutel-Rotz unters Volk und schaute genüsslich dabei zu, wie die Schlangen vor den Konzerthallen Woche für Woche länger wurden. Nun legen die Bayern mit ihrem zweiten Album "…Und Wir Vergessen Was Vor Uns Liegt" nach und beweisen, dass es sich bei ihrem krachenden Erstling keineswegs um ein Strohfeuer gehandelt hat.
Erneut schieben sich kratzende Punk-Gitarren an scheppernden Drums vorbei, um im Einklang mit intelligenten Texten aus der rauen Kehle von Sänger Michael Lettner für Aufbruchsstimmung zu sorgen.
Authentische Gefühle, die einen emotionalen Mix aus Angst, Wut, Trauer und Hoffnung freilegen, stehen bei den schwitzenden Münchnern abermals hoch im Kurs. Egal ob sich Lettners schmirgelndes Organ mit schwierigen Neuanfängen ("Alles Auf Null"), emotionalen Lebenspfaden ohne Licht ("Onkalo") oder dem schmerzenden Verlust eines nahen Verwandten beschäftigt, die Botschaft ist stets dieselbe: Gefühle zulassen, Gefühle verarbeiten, Gefühle leben. Dabei werden die Vorzeige-Verse in eine splittrige Post-Punk-Klanghülle eingebettet, die den Inhalten zusätzlich Leben einhaucht.
Mal schneller ("Diese Hände", "Rücklauf"), mal langsamer ("Manchmal Kommen Sie Wieder") hinterlassen die Verantwortlichen auf der Autobahn des Lebens ihre Spuren. Stets auf der Suche nach der richtigen Ausfahrt machen die Langstreckenexperten keine Sprint-Versuche. Das Leben ist ein Marathon, kein 100-Meter-Lauf.
Auch anno 2014 macht die Band ihrem Namen wieder alle Ehre. Mit einer durchweg ausgewogenen Mixtur aus nachhaltigen Melodien, kraftstrotzenden Energieschüben und aufwühlenden Inhalten gelingt es den Marathonmännern ihr vor zwei Jahren gelegtes Fundament weiter zu verstärken. In diesem Sinne: Tief einatmen und ab zur Startlinie. Auch wenn irgendwann die Beine wehtun: Die Tortur lohnt sich.
2 Kommentare mit einer Antwort
Nice! Die deutschen Rise Against!
Dieser Kommentar wurde entfernt.
Das Album blieb doch bisschen hinter meinen Erwartungen zurück. Gerade nach hinten raus plätschert eher vor sich hin, es fehlt doch die Abwechslung
bit.ly/marathonmann-review