laut.de-Kritik
Manu Chao? Jovanotti? Nein, Herr Buscaglia aus Uruguay.
Review von Martin LeuteDer Singer/Songwriter Martin Buscaglia stammt aus Uruguay und veröffentlicht nun mit "El Evangelio Segun Mi Jardinero" sein mittlerweile viertes Album. Im Jahr 2000 hat er mit seinem zweiten Longplayer "Placido Domingo" für Aufsehen gesorgt, nachdem dieses vom amerikanischen Rolling Stone-Magazin als eines der besten Alben Uruguays gelistet wurde.
Die letzten Jahre tourte der Globetrotter durch Südamerika und Europa. "El Evangelio Segun Mi Jardinero" ist deutlich hörbar ein Werk, das auf den europäischen Markt zugeschnitten ist. Eingängige Melodien mit vorwiegend spanischen Texten (die sich durch die Abwesenheit von komplizierten Inhalten auszeichnen) treffen auf rudimentäre Arrangement-Basics eines 81er Atari-Computers und auf herkömmliche traditionelle sowie außergewöhnliche Instrumente.
Gitarre, Banjo, Xylophon, die indische Ravanatha Rajstani und die arabische Zamfona, um nur einige zu nennen. Und diese Mischung funktioniert. Abenteuerlustig und verspielt, anachronistisch und innovativ schafft Martin Buscaglia 14 Songs, die sich zwischen Pop, Disco, Funk, Easy Listening und Elektronik sowie George Clinton-, Prince - und Gilberto Gil-Referenzen positionieren, immer garniert mit dem reizvollen lateinamerikanischen Charme.
Schon der Opener "Cerebro Orgasmo Envidia & Sofía" offenbart die musikalische Bandbreite des Uruguayers. Über einen groovigen Basslauf legt sich ein elektronischer Beat, der Sprechgesang Buscaglias setzt ein, das Banjo zirpt, die Gitarre und Bläser zelebrieren den Funk. Das alles läuft auf einen mehrstimmig vorgetragenen, melodischen Refrain zu, der zum Mitsingen einlädt. Extrem tanzbar. Vergleiche mit dem Italiener Jovanotti und Manu Chao drängen sich auf. "Ante La Duda Todo" beginnt ruhig mit der gezupften Gitarre, ehe der Rhythmus einsetzt und Buscaglia seine Hörer zu offensichtlich auf die Tanzfläche zerren will.
Funk im Stile eines Keziah Jones bekommt man in "Lavapiés" und "Chúpame La Mente Cable" zu hören. Richtig schön wird es immer dann, wenn das Arrangement reduziert bleibt. Buscaglia singt in dem Stück "Trivial Polonio" - begleitet von der entzückenden Juana Molina - zur akustischen Gitarre. Ebenso entspannt tastet sich "El Toscano Del Pappa" mit den La La La-Harmonien voran, in dem hörbar Jack Johnson anklingt. Sehr hübsch gelingen ihm auch die Easy Listening-Nummern "Viajar Contigo Es Como Escuchar La Vida Secreta De Las Plantas" und "Budismo Tropical".
Der Höhepunkt des Albums findet sich aber in der fantastischen, hier nur mit der Ukulele vorgetragenen Coverversion "Lovin' You" von Minnie Ripperton. Der Beat im Los Panchos-Klassiker "Vagabundo" wirkt dagegen etwas aufgesetzt und deplaziert. Wie gesagt, der experimentierfreudige Buscaglia ist dann am besten, wenn er seinen Songs vertraut und auf eine reduzierte Instrumentierung setzt. Es muss nicht immer Disco sein.
Insgesamt macht diese unbekümmerte und vielseitige Herangehensweise auf "El Evangelio Segun Mi Jardinero" dennoch großen Spaß, ist absolut hörenswert und bringt die Sonne in die kalte Stube. Und auf jeden Fall ist Martin Buscaglia eine erfrischende Alternative zu Manu Chao.
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