laut.de-Kritik
Das glücklichste alte Mädchen der Welt gibt etwas zurück.
Review von Dani FrommWenn man sich schon unbedingt eine Berühmtheit zum Beneiden aussuchen muss: Wie wärs mit Mavis Staples? "Ich muss wohl das glücklichste alte Mädchen auf der ganzen Welt sein", glaubt die jedenfalls von sich selbst. Echt? "Ja, wirklich!" Wie schön.
Noch schöner, dass sie sich entschlossen hat, der Welt etwas von ihrem Glück zurück zu geben. "Ich habe so viel Zeit damit verbracht, die Menschen zum Weinen zu bringen. Nicht aus Traurigkeit, sondern weil ich immer von einem Teil unserer Geschichte erzählt habe, der uns runtergezogen hat. Jetzt versuche ich, uns wieder nach oben zu bringen."
"Livin' On A High Note" umfasst folglich, der Titel lässt es ahnen, ausschließlich positiv gestimmte Songs. Das Erfolgsrezept klingt simpel: "Happiness ist the key to success / Too much stress is gonna leave you depressed." Überzuckertes Heile-Welt-Halligalli steht trotzdem nicht zu befürchten. Mavis Staples blendet die negativen Seiten des Lebens ja nicht aus. Sie fokussiert vielmehr diesmal eben auf die angenehmen Aspekte.
Paradebeispiel dafür liefert "Dedicated": "I made war with you", erwähnt sie da durchaus auch die Kehrseite der Zwischenmenschlichkeit, aber: "I made peace with you. That's what makes you my friend."
Der versönliche Ton zieht sich durch das gesamte Album und gipfelt in dem von Nick Cave verfassten "Jesus Lay Down Beside Me". "I am prepared", stellt sich Mavis Staples da gelassen allem entgegen, das kommen mag. "At the dark end of the day let all your sorrows fall away."
Kümmernisse schmelzen in der Herzenswärme, die der Gesang abstrahlt, wie Schnee in der Sonne. Zugleich sprüht die sturmerprobte Stimme vor Lebensfreude und steckt voller Temperament, als habe man es mit der jungen Tina Turner zu tun. "Who is gonna do it if I don't?" Vermutlich niemand, deswegen: "Action"!
Ob sie sich in Gesellschaft von funky Bass und harscher Gitarre bewegt ("Take Us Back"), sich von Bläsern und Background-Chor flankieren lässt ("Tomorrow") oder nur von einer Akustikgitarre ("MLK Song"), auch, wenn sie sich im Duett mit Donny Gerrard im Walzertakt dreht ("History, Now"): Mavis Staples spielt einfach immer die Hauptrolle.
Dafür muss sie sich noch nicht einmal in den Vordergrund drängen. Ihre Stimme zieht alle Aufmerksamkeit automatisch auf sich. Die eklektische, trotzdem ganz natürlich gewachsene Mischung aus Soul, Blues, Gospel, Funk und Protestsongs rollt dem Gesang den roten Teppich aus.
Am Ende macht sich das große "Tears In Heaven"-Gefühl breit. "If I can cheer somebody with a word or a song ... my living will not be in vain." Die Worte Dr. Martin Luther Kings, von Produzent M. Ward adaptiert, darf sich Mavis Staples bedenkenlos aneignen. Vergebens waren, sind und bleiben beider Leben ganz sicher nicht.
1 Kommentar
Keinesfalls eine schlechte Platte, aber "One true vine" erreicht sie auf der Scheibe nicht. Bei weitem nicht.