laut.de-Kritik
Zu dieser Platte bietet man der Dame beim Grillabend gerne noch einen Salat an.
Review von Alexander AustelSo wirklich punkten konnte der 36-Jährige bei uns noch nicht. Mit Oberflächlichkeit, Pseudosoul-Geschnarche, fehlender Originalität und Ausverkauf bekam er ausreichend Watschen für seine drei Platten. Mir gefiel "How Do You Do" wegen seiner luftigen Eingängigkeit und verbannte dann negativ überrascht "Where Does This Door Go" erstmal in die digitale Belanglosigkeit. Ich reanimierte das Album jedoch, als ich nächtelang in einer Küche eines australischen Hotel/Restaurant-Betriebes Berge von Geschirr und Küchenutensilien abspülen durfte. Die Kollegen waren längst beim Feierabend-Bier als ich immer noch kaum Land sah. Und da lernte ich dann diese Back-Seat-Lover-Schnulzigkeit zu schätzen, die mir die Arbeit ein ganzes Stück erleichterte.
Nun sollte man die eigene Erfahrung und Subjektivität als Kritiker nicht mit der Qualität einer Platte gleichsetzen, keine Frage. Doch Alben können mit der Zeit wachsen und entwickeln sich erst bei mehrfachem Anhören. Das gilt besonders für "Where Does This Door Go", bei dem doch arg viele Produzenten mitwirkten. Dagegen klingt "Man About Town" tatsächlich wieder wie aus einem Guss, verströmt durchweg gute Laune und unterhält trotz der flachen Lyrics.
"In Zeiten, in denen jeder innerhalb einer Stunde einen Song am Laptop machen kann, ist es unheimlich wichtig, einen eigenen Sound-Charakter zu haben", hält Mayer Hawthorne im Interview fest. Und den hat er auch, ganz ohne Frage. Es gibt sicherlich Sänger seiner Gattung, die prägnanter im Ohr bleiben, mehr zu sagen haben oder rauer singen. Und doch erspielte sich der ehemalige Stones-Throw-Zögling seine eigene Nische. Und in eben dieser geht es oberflächlich soulig, ja schon beinahe poppig zu.
Das zeigt sich konkret im Song "Love Like That": Hinter dem treibenden Beat, der von zügigen Drums, Gitarren und schüchternen Synths getragen wird, verbirgt sich eine Radio-Eingängigkeit, verbunden mit dem Wunsch nach der großen Liebe. Diesen bringt er auch in vielen anderen Songs zum Ausdruck. Dabei legt er eine Geschmeidigkeit an den Tag, dass man ihm diese Sehnsucht nicht ganz abnimmt. Dieser Kritikpunkt zieht sich durch die Platte. Denn mit mehr als frühlingshaften Gute-Laune-Vibes kann der Wahlkalifornier nicht punkten.
Besonders "Get You Back" hätte ein solcher Ausreißer werden können. Im Herzschmerz wühlt ein schweres Piano, gekonnt gesetzte Streicher untermalen die Schwermütigkeit. Der musikalische Rahmen für den Liebeskummer ist gesetzt. Doch leider traut sich Hawthorne nicht so recht. Bevor die Emotionalität zu nah, intensiv, ja greifbar wird, rutscht er wieder zurück in seine altbekannte Schiene. Klar, nicht jeder kann so herzzerreißend Traurigkeit in die Welt tragen wie Charles Bradley, aber hier hätte Hawthorne mal wirklich zeigen können, was in ihm steckt.
Auch wenn er sich die großen Emotionen nicht zutraut, sorgt er doch ständig für heitere Stimmung. "Out Of Pocket" fordert einen leichten Hüftschunkel-Einsatz, zu dem sich die Gelegenheit bietet, der Dame beim Grill-Abend noch einen Salat anzubieten und sich vorzustellen. Überhaupt funktioniert diese Platte besonders im Hintergrund, wenn die warme Jahreszeit vor der Tür steht und sanfte Gute-Laune-Musik den Abend versüßt. Oder wenn die Tellerwäscher beim Endspurt die nötige Motivation benötigen.
1 Kommentar mit einer Antwort
Where does this Door go war bombig. Hawthorne macht eigentlich konstant gute Musik, sofern man auf bequem seichten Soul steht. Wird auf jeden Fall gehört.
Ich muss mich korrigieren: Das schlechteste Hawthorne Album bisher..