laut.de-Kritik
Geile Stimmen, geile Gitarren, aber nicht so geile Songs.
Review von Tom KüppersDer Hard Rock und seine vermeintlichen Dinosaurier - sie sind einfach nicht totzukriegen. Michael Schenker gehört definitiv in diese Karriere-Kategorie. Und überhaupt: Dass der gute Mann noch in die Saiten greift, kommt zumindest einem kleinen Wunder gleich.
Turbulenter kann ein Leben kaum verlaufen, künstlerisch und persönlich. In den siebziger Jahren sorgt Schenker als Gitarren-Wunderkind mit den Scorpions und den Briten U.F.O. ("Doctor Doctor", irgendwer?) für Furore, sogar bei den ganz großen Namen wie den Stones, Aerosmith oder Ozzy Osbourne ist der deutsche Gitarrist zeitweise im Gespräch. Stattdessen widmet er sich einer zunächst viel versprechenden Solokarriere, die nicht recht durchstarten mag.
In den letzten Jahren hat sich Schenker menschlich und musikalisch berappelt, was unter dem Banner Michael Schenker Fest und dem Album "Resurrection" nun einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Bereits auf seinen letzten Tourneen hat Schenker mit den drei großen Stimmen seiner MSG-Sololaufbahn (Graham Bonnet, Robin McAuley und Gary Barden plus Doogie White aus der Temple of Rock-Periode) reüssiert. Dieses Konzept im Studio weiter zu spinnen, liegt nahe.
Handwerklich gibt es an den zwölf Stücken kaum etwas zu meckern. Die Produktion von Michael Voss hält vorbildlich die Waage zwischen zeitgemäßer Aktualität und Hard Rock-typischen Elementen. Über Schenkers Gitarrenkünste kann man auch 2018 nur staunen, mit der gleichen Fingerfertigkeit und goldenem Händchen für unnachahmliche Melodien wie eh und je lässt der Altmeister die aktuelle Konkurrenz verdammt blass aussehen.
Geile Stimmen, geile Gitarren - was fehlt? Genau, die ebenso geilen Songs. Und die lässt "Resurrection" leider mitunter vermissen. Oft fehlt lediglich der letzte entscheidende Kick, die erste Single "Warrior" ist so ein Fall. Weltklasse-Intro, coole Strophe, der Chorus verpufft dann. "Time Knows When It's Time" schrappt knapp an Power Metal-Beliebigkeit vorbei.
Doch es geht auch anders. "Anchors Away" ist klassischer Hard Rock (inklusive Schweineorgel), wie man ihn besser kaum machen kann. "Messin’ Around" pumpt wunderbar leichtfüßig, das Up-Tempo-Instrumental "Salvation" ist eine Lehrstunde. Dass Kirk Hammett von Metallica beim Opener "Heart And Soul" ein Gastspiel hat, liest sich allerdings wesentlich prickelnder, als es sich final anhört.
Mit "Resurrection" deutet Schenker mehr als deutlich an, das es ihm mit einem "richtigen" Comeback wirklich ernst ist. Und zeigt, dass er den Spaß an der Musik wieder gefunden hat. Vielleicht ist das Michael Schenker Fest das erste Kapitel eines unverhofften Happy End - verdient hätte er es allemal.
1 Kommentar
ich muss gestehen: ich fand damals - vor 30 jahren - ja die unter trveness-gesichtspunkten viel gescholtene "perfect timing" gut. die akustik-sachen sowieso.