laut.de-Kritik
"I'm home to every lonely, I'm ear to every cry."
Review von Giuliano BenassiDer Ire ist ein Singer/Songwriter der unaufgeregten Sorte. Im Heimatland hat er sich mit seine Stücken über Einsamkeit, Liebesentzug, Kummer und Eifersucht eine Namen als lokale Version von Tom Waits gemacht. Mit Erfolg, denn sein Drittling "Red And Blue" landete 2012 an der Spitze der heimischen Charts.
Um neue Lieder zu schreiben, verbrachte Mick Flannery 2013 sieben Monate in Berlin Kreuzberg. Und fand einen anderen Zugang zu seiner Musik. "Ich klinge endlich wie ich selbst. Ich habe versucht, von dem amerikanischen Klang loszukommen, den ich mir von dem vielen Hören von Tom Waits angeeignet hatte. Je mehr ich davon loskam, desto wohler fühlte ich mich", erklärt er zu seiner vorliegenden vierten Scheibe.
Er wolle versuchen, "diese deprimierende Angelegenheit im Ausland zu verkaufen. Dort hat man vielleicht eine romantische Vorstellung von Irland, oder irgendwie so was", hatte er zuvor mit Galgenhumor in einem Interview erzählt. Die Aufnahmen fanden allerdings wieder in Dublin statt.
Mit Waits hat Flannery von der Stimme her nicht viel am Hut, zumindest mit dem tiefen Organ, das seit den 80er Jahren die Musik des verschrobenen Kaliforniers prägt. Deprimiert ist seine Musik auch nicht wirklich, eher von einer stark melancholischen Lebenseinstellung geprägt, wie sie auch Leonard Cohen in manchen seiner Platten vorweist.
Obwohl er erst bei EMI und nun bei Universal unter Vertrag steht, also bei Major-Labels, klingt "By The Rule" eher wie eines jener Indie-Kleinoden, die in einem Wohnzimmer entstehen. Hört man genauer hin, ist die scheinbar spärliche Instrumentierung doch recht üppig, denn zu Klavier rund Akustikgitarre gesellen sich Cello, Geige, Perkussionen, gelegentlich Bass und unverzerrte E-Gitarren. Im Titeltrack kommt gar ein Orchester zum Einsatz.
Gelegentlich trägt Flannery etwas dicker auf, etwa in "The Small Fire", das stark an den italienischen Gassenhauer "Acqua Azzurra, Acqua Chiara" von Lucio Battisti erinnert, den er aber vermutlich nicht kennt. Ansonsten lebt seine Musik von seiner hohen, angerauten, traurigen, aber nicht trostlosen Stimme, und einfachen, aber nicht banalen Melodien. Gut herauszuhören in der Klavierballade "Even Now", einer der besten Momente auf dem Album.
"I'm home to every lonely, I'm ear to every cry. I'm eyes to every suffering and lost to reasons why">, dichtet Flannery in "Live In Hope". Viel Hoffnung bietet das Leben nicht, so seine Botschaft. Er vermag sie aber klanglich ästhetisch zu verpacken.
Achtung: Die ausgiebige Deutschland-Tour, die für Oktober/November geplant war, wurde aus familiären Gründen auf März 2015 verschoben.
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