laut.de-Kritik
Nur die Covers von Dua Lipa, The Weeknd und Soft Cell inspirieren.
Review von Magnus FranzNachdem Milky Chance mit ihrer Single "Colorado" in diesem Juni zunächst eine neue Ära einleiteten, wurde es abseits einiger Festivalauftritte und Picknick-Konzerte wieder ruhig um die Jungs aus Kassel. Zwar verrieten Philipp und Clemens im September im Interview, man könne in diesem Jahr noch mit neuer Musik rechnen. Dass mit "Trip Tape" jedoch gleich ein ganzes Mixtape die Wartezeit auf den Nachfolger von "Mind The Moon" wie aus dem Nichts verkürzt, kam dann doch etwas überraschend.
Für das Duo war die Sache hingegen schnell klar, wie sie im Zuge des Release mitteilen: "Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Zeit im Studio verbracht, um an neuer Musik zu arbeiten, und 'Colorado' war der große Kick-off. Aber im Lockdown sind zwei Dinge passiert - neben 'Colorado' fanden wir uns mit so vielen neuen Songs wieder, die wir lieben, und wir begannen, unsere eigenen Versionen der Songs anderer Künstler*innen zu machen, die uns gefallen."
Kein Wunder also, dass "Trip Tape" ein kunterbunter Mix geworden ist, der neben den zwei neuen Songs "Cold Summer Breeze" und "Love Again" vier Coverversionen, vier Demos und einen Remix beinhaltet. Wer sich mit "Colorado" allerdings gewünscht hatte, dass die Band den erfrischenden und etwas dreckigeren Indie-Rock-Sound weiter ausbaut, wird zumindest auf diesem Mixtape vorerst enttäuscht.
Tracks wie "Cold Summer Breeze", "Lights Out_Demo", "Lately_Demo", "Addicted_Demo" bedienen sich einmal mehr der klassischen Milky Chance-Formel: Mid-Tempo, leicht verdauliche Lyrics, verträumte Melodien und eingängige Beats. Weder spektakulär, noch unhörbar. Wer jedoch in der Vergangenheit kein Fan war, dürfte hier kaum Vorfreude auf ein kommendes Album verspüren.
"Love Again" und "Butterfly_Demo" offenbaren noch am ehesten Glanzmomente. Ersteres präsentiert sich mit erfrischenden Indie-Pop- und Hip-Hop-Anleihen, neben "Colorado" der beste neue Song. Letzteres liefert hingegen einen zumindest auf musikalischer und melodischer Ebene mitreißenden Pre-Chorus ("Butterfly, butterfly / You make my world keep spinning around / I need you / Don't you leave me"), ehe wenig später wieder das gewohnte Muster dominiert.
Während die Formelhaftigkeit bezüglich der Eigenkreationen streckenweise ermüdet und mit der Hoffnung auf Veränderung nach "Colorado" etwas antiklimatisch wirkt, gibt sie den Coverversionen tatsächlich eine erfrischende Note mit. Hier kommt den Jungs ihre musikalische DNA definitiv zugute. Sei es die atmosphärische und harmonielastige Interpretation von Dua Lipas "Levitating", die Lagerfeuerfeeling erzeugende Akustikgitarren- und Bass-Version von The Weeknds "Save Your Tears" oder die zurückhaltenden Reggaeton-Umsetzungen von Soft Cells "Tainted Love" sowie Bad Bunny und Rosalías "La Noche De Anoche". Diese perfekt produzierten Welthits in einem derart reduzierten Gewand zu hören, sorgt für ein überraschend positives Hörerlebnis.
Dennoch hinterlässt "Trip Tape" einen faden Beigeschmack. Zwar sollte man aus dem zusammengewürfelten Mixtape nicht mehr machen, als es ist: Ein Service für den Fan, der die Wartezeit auf das nächste Album verkürzen soll. Mit Blick auf den zukünftigen kreativen Output läuten allerdings trotzdem erste Alarmglocken: Dass die Covers der Platte eher im Gedächtnis bleiben als der Großteil des Eigenmaterials, in dem nach eigenen Aussagen viel Arbeit steckt, ist nicht unbedingt das beste Vorzeichen.
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