laut.de-Kritik
Supergroup mit Hitpotential.
Review von Alex KlugStuart Braithwaite ist Mann der klaren Worte. Schließlich teilt das Mogwai-Sprachrohr nicht nur regelmäßig gegen Musikerkollegen aus, sondern nennt die Dinge auch in Bezug auf sein eigenes Schaffen gerne beim Namen. Angesichts seines akustischen Stelldicheins mit Slowdive-Sängerin Rachel Goswell und Editors-Klampfer Justin Lockey lässt er verlauten: "Wer die Musik unserer jeweiligen Bands kennt, wird vom Ergebnis nicht überrascht sein." That's it. Kein "genre-clashing masterpiece", keine "totally new creation of sound". Bescheidenheit anno 2016.
Nun ist Braithwaite aber nicht gerade als Haupt-Songwriter Mogwais bekannt. Und so sind auch Minor Victories in Wirklichkeit das geistige Kind von Goswell und Lockey. Während letzterer mit den Editors erfolgreich auf der Indie-Wave surft, ist Slowdive-Herzchen Goswell erst kürzlich aus dem Shoegaze-Winterschlaf erwacht. Klar: Wenn Alcest mit dem in den Neunzigern vergessenen Spartengenre wieder die Hallen vollkriegen, sind die Pioniere plötzlich auch gewillt, wieder ein bisschen im Teich mitzuplanschen.
Durch die Erweiterung des Line-ups um Braithwaite und Lockeys Bruder James ist die ursprünglich angedachte gitarrenlastige Noise-Ausrichtung des Projekts dann aber eher auf der Strecke geblieben. So weit, so gut. Goswell säuselt, Lockey macht Krach, Braithwaite gibt den Multiinstrumentalisten und gießt das Ganze mit simplen Lo-Fi-Drums in Form. Das funktioniert im Opener "Give Up The Ghost", das funktioniert erst recht in der Vorabsingle "A Hundred Ropes".
Derlei Tracks, wo Blubber-Synth-Arpeggios auf filterreiche Post-Punk/Wave-Vibes treffen, zeugen am stärksten von Lockeys kreativem Input. Tatsächlich wartet dieser nämlich gelegentlich auch mit echtem Ohrwurmpotential in Editors-Manier auf – beispielsweise in der Artrock-Hymne "Scattered Ashes (Song For Richard)", in der sich Goswell mit The Twilight Sad-Sänger James Graham und heulenden Gitarren-Melodien um die melancholischste Passage der Platte duelliert.
In der wesentlich unspektakuläreren Kollaboration "For You Always" trifft Goswell auf Red House Painters-Chef Mark Kozelek. Und gesangliche Abwechslung haben Minor Victories dem betörenden Slowdive-Gehauche zum Trotz bitter nötig. Die Kollaboration baut dabei maßgeblich auf Marimba/Xylophon-Klängen auf – ein Stilmittel, das der zweiten Hälfte der Platte einen überraschend exotischen Touch verleiht. Das mit ähnlichen Zutaten arbeitende "The Thief" zeigt dem fruchtigen Dreampop dann aber schnell die Grenzen auf, denn über das zu Teilen hoffnungslos belanglose Indie-Geplätscher helfen nicht einmal Backing-Streicher und Mogwai-Delay-Ausbruch hinweg.
Die Zusammenarbeit mit Mogwai-Produzent Tony Doogan, mit dem große Teile der Platte im bandeigenen "Castle Of Doom"-Studio aufgenommen wurden, entpuppt sich gleichermaßen als Fluch und Segen. Einerseits könnte man Lo-Fi zwar kaum noch glatter klingen lassen, andererseits zeigt das gestauchte Dynamikspektrum aber auch jede einzelne Schwäche im Songwriting auf. Und davon gibt es – die Vorabstücke "A Hundred Ropes", "Scattered Ashes (Song For Richard)" und "Folk Arp" einmal ausgerechnet – so einige.
Milde stimmt da gerade noch das Grande Finale "Higher Hopes", in dem Goswells Gesangskaskaden und klassische Post-Rock-Crescendos (freilich im feinst gefilterten "Atomic"-Sound") tatsächlich das Versprechen einlösen, das Braithwaite einst so vollmundig gab: Drei wichtige Indie-Bands, die ihre musikalischen Zutaten zusammenwürfeln – leider nicht immer ihre feinsten.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Super Rezi. Auf den Punkt zusammengefasst. Ist mir insgesamt zu glatt und mit zu vielen Streichern und wenn wir ehrlich sind, war auch Goswell's Gesang jetzt nicht gerade das Highlight auf den Slowdive-Platten. Manchmal geht das hier auf, wie bei "A Hundred Ropes" und wie ich finde, dem doch sehr schönen "The Thief", andererseits hat man das alles auch schon besser gehört. Die neue Mogwai macht sicherlich atmosphärisch mehr Laune und die alten Ride- und Slowdive- Alben laufen sowieso regelmäßig, da brauche ich das nicht unbedingt jetzt.
Kann ich nicht so recht nachvollziehen. Mir bereitet das Album sehr viel Freude. Tolle Melodien und angenehmer Gesang.
Angenehm ja, aber der melodiöse Funke springt bei mir nicht über. Die frühen Showgazesachen hatten auch dieses spezielle, euphorische Feeling damals gehabt. Hier klingt mir das zu kühl und präzise gespielt vom Sound her.
Ich finde das Album momentan klasse. Insbesondere A Hundred Ropes, Scattered Ashes (mit James Graham), Cogs und For You Always (mit Mark Kozelek) haben es mir angetan.
Keine 5 Sterne, aber ein gutes Album, kurzweilig und guter Sound.
Der rote Faden fehlt vielleicht manchmal ein bisschen und Goswell's Stimme finde ich persönlich mittelmäßig. Im Ganzen bin ich aber überhaupt nicht enttäuscht.
7/10
nett anzuhörende Musik. Wenn man jetzt noch die Sängerin austauscht.......