laut.de-Kritik
Die neue Suzanne Vega kommt aus Stuttgart.
Review von Giuliano BenassiKatrin Hahner ist Schauspielerin, Malerin und Musikerin. Unter dem Künstlernamen Miss Kenichi vereint sie diese drei Aspekte ihrer Persönlichkeit. Nach ihrem ersten Auftritt in einer Stuttgarter Szenekneipe 2004 legt sie mit "Collision Time" zwei Jahre später ihr Debüt vor.
Gitarre und Stimme bilden die Grundelemente ihrer Lieder. Je geringer die Zutaten, desto schwieriger ist es, etwas Neues daraus zu formen, doch schon die ersten Stücke des Albums beweisen, dass Miss Kenichi damit gut umzugehen weiß. Gerät "Arrived" durch tiefe Gitarrennoten und einer leicht verzerrten Stimme etwas zu düster für einen Opener, verbreitet sich mit dem nachfolgenden Titeltrack eine melancholische, verspielte Stimmung, die sich durch das gesamte restliche Album zieht.
Hahners Stimme klingt sachlich, traurig und passt sich gut an ihr einfaches aber wirkungsvolles Gitarrenspiel an. Immer wieder erinnert sie dabei an Suzanne Vega, wobei sie glücklicherweise nicht in die Falle überladener Produktionen aus den 90er Jahren tappt. Bis auf eingestreute Background-Vocals, gelegentliche Kontrabass-Klänge ihres Freundes Hendrik van Holtum von Kinderzimmer Productions und die eine oder andere instrumentale Einlage verzichtet sie weitgehend auf musikalische Verstärkung.
Das zeugt von Selbstbewusstsein, wie auch die Texte in US-Englisch, denen man die deutsche Herkunft kaum anmerkt. Unter den fünfzehn Stücken stechen der Titeltrack, "Hotel" und "Under My Skirt" am meisten hervor. "Under my skirt there's a rainbow that's toxic", dichtet Miss Kenichi darin frech und sexy.
"Collision Time" bietet minimalistische Singer/Songwriter-Kompositionen, die sich durchaus hören lassen. Vielleicht hätte ein größeres Label aus dem Material mehr heraus holen können, doch gerade in der Heimeligkeit liegt der Reiz dieses Albums – selbst komponiert, selbst geschrieben, selbst aufgenommen. Auf jeden Fall liefert Miss Kenichi den Beweis, dass aus Stuttgart nicht nur kaputte DJs und Die Fantastischen Vier kommen.
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