laut.de-Kritik
Grandiose Gratwanderung zwischen Folklore, Pop und Club.
Review von Dani FrommGebrochene Herzen. Tränen. Tragik. Verzweiflung. Wut. Rachegelüste. Suff. Party. Dazu: pumpende Bläser. Drums. Elektrosounds. Flirrende Melodien. Balkan-Ästhetik. "Ladies, move your hips!"
Mit ihrem letzten Album "Chefa" legte Miss Platnum die Latte hoch. Doch Angst vor langen Schatten schien noch nie das Problem der Berlinerin mit den rumänischen Wurzeln zu sein. Sie bewies selbst im Vorprogramm von Bühnenmonstern und alten Hasen wie Seeed oder den Fantastischen Vier Headlinerqualitäten.
Mit "The Sweetest Hangover", einem wahrhaft würdigen Nachschlag, gelingt der Spagat zwischen Kulturen und Klängen. Überschäumende Lebensfreude und Weltschmerz liegen zuweilen ebenso nahe beieinander wie Liebe und Hass.
Warum dann nicht herzzerreißende Texte mit sich aufschaukelnden, quirligen Balkan-Beats verbrämen? Warum nicht "richtige" Instrumente und Synthesizer, Folklore und Elektronik ins Feld führen? Das Leben hält schließlich auch meist mehr als eine Option bereit.
Von leicht überspannten "Lalala"-Gesängen in "Why Did You Do It" über soulige Sehnsucht ("Don't Go To Strangers") zur Hardcore-Saufanleitung "Drink Sister, Drink", von virtuos inszenierter Melancholie ("The Long Goodbye") zu großmäuliger Hip Hop-Attitüde ("Fakebling"): für Miss Platnum scheinbar nur ein Katzensprung.
Ob Revue-tauglich zu klimperndem Barpiano ("If You Were Mine"), mit leichtem Western-Appeal ("The Long Goodbye") oder orientalischem Einschlag ("Bollywood Movie"), ob knallharte Dancefloor-Nummer ("Cumpletely Happy"), oder grandios adaptierte Kate Bush-Vorlage ("Babushka 2009"): Miss Platnum macht jederzeit eine ausgezeichnete, vor allem jedoch eine authentische Figur.
Von stellenweise zur Schau getragener Zerbrechlichkeit sollte man sich besser nicht täuschen lassen: "I left the house with a knife in my hand."
Eine kraft- und lebensvollen Interpretin braucht kontrastreiches musikalisches Beiwerk. Dafür sorgen gleichermaßen Miss Platnums Produzententeam The Krauts und die grandiosen serbischen Blasmusiker um Boban und Marko Markovic. Eine Gratwanderung zwischen Folklore, Pop und Club? Für diese Herren offenbar ein Klacks.
Finster bratzt der Hintergrund zu "She Moved In" vor dem hellen Gesang. Melancholische Bläser und ein gebremster Beat verleihen "Don't Go To Strangers" Tiefgang. Was sich in "Where Du You Go Boy" zusammenbraut, entlädt sich in einer explosiven Hookline.
In der zurückhaltenden Instrumentierung in "So Beautiful" schwingt bereits der bittersüße Hauch der Vergänglichkeit mit, der schöne Momente häufig begleitet. Ehe man in Trübsal versackt, empfiehlt sich ein Pflaumenschnaps. Oder mehrere Liter davon, denn: "Raise your glas everybody / We know where to stop / But we don't know how to stop."
15 Kommentare
she moved in ist ja schonmal ziemlich gut. und die alte platte wusste auch sehr zu gefallen... muss ich mir die neue wohl auch noch zulegen. gute frau.
Kann ich nix mit anfangen. Gar nix.
Ne? Ist schon ... irgendwie seltsam xD
nein, nix Konkretes, nur so eine gewisse Lebensgefühl-Parallele vielleicht.
Und Babooshka finde ich einfach toll. Es ist nicht auf "hypermoderne" Art (aus dem Nena-Jargon) totproduziert sondern bewahrt die feinziselierte Rhythmik und Dynamik der Markovic-Begleit-Musik. Trotzdem kommt es voluminös und irgendwie "fett" rüber.
ja babooshka is super!!
ich muss gestehen, dass ich das original vorher nicht kannte, ich wusste jedoch aus den rezis, dass es nen cover is.
und jetzt muss ich aber doch etwas kritisches anführen.
ich finde, man merkt an babooshka auch, dass es ne coverversion is, weil die lyrics besser sind.kate bush hats einfach mehr und anders drauf.
so geile musik miss platnum macht und so leicht ironisiert die texte sind, qualitativ sind sie nur mittelmaß...da hab ich schon bessere texte gehört...
aber bei der musik ist der text ausnahmsweise auch mal nicht ganz so wichtig
*FAKEBLING*!!