laut.de-Kritik
Ihr Hypno-Techno packt den Hörer mit warmer Herzlichkeit.
Review von Daniel StraubMit zwei Mix-CDs hat die Berliner DJeuse Miss Yetti in der Vergangenheit ihre Fingerfertigkeit an den Turntables und ihr Feeling für groovy Tunes eindrücklich unter Beweis gestellt. Nun erscheint mit "Out Of Control" ihre erste selbstproduzierte Platte in Albumlänge, die in altvertrauter EBM-Manier den Dancefloor rockt, ohne in die zur Zeit so oft bemühte Electroclash-Kerbe zu hauen. "Out Of Control" ist retro und doch aktuell, huldigt den Wurzeln elektronischer Musik und hat den Blick dabei fest in die Zukunft gerichtet.
Erfrischend schlicht präsentiert Miss Yetti ihre zwölf Tracks auf "Out Of Control", keine Spur von gesättigter Langeweile, wie sie bei Electro-Releases zur Zeit leider immer öfter zu beobachten ist. Die Dame weiß, wo sie steht und, noch viel wichtiger, sie weiß, wo sie hin will. Dunkler Optimismus, in bester Detroit-Tradition, ist der Ausgangspunkt, von dem Miss Yetti startet. Wo sie ihr Weg hinführt, lässt sich nur vermuten. Es ist auf alle Fälle ein sehr privater Weg, der die aufgesetzte Geste ebenso wenig nötig hat, wie plakative Referenzen kreuz und quer durch das Popuniversum. Miss Yetti schöpft ihre Kraft aus sich selbst; das überzeugt. Wohl auch ein Grund warum "Out Of Control" bei aller Dunkelheit nicht den Hauch von Hoffnungslosigkeit verbreitet.
Mächtig wälzen sich mit dem Opener "Obsessed" analoge EBM-Grooves aus den Boxen. Das geht vom ersten Takt an unter die Haut und wirkt, ohne dass man sich dessen gleich bewusst wird. Das subtile Moment macht "Out Of Control" so gut. Repetitiv schleifen sich die Grooves ins Unterbewusstsein ein, erzeugen schon nach wenigen Minuten eine hypnotische Atmosphäre, die einen nicht mehr loslässt.
Die vorsichtig eingesetzten Lyrics bei "Hedonism & Digital Sex" oder "Could I Kill You" verstärken das Gefühl kontrollierter Trance weiter. Hier unterscheidet sich Miss Yetti dann doch deutlich von EBM-Bands wie Front 242 oder Nitzer Ebb, die auf den großen Wumms setzen. Der Hypno-Techno der diplomierten Psychologin will den Zuhörer auf einen Trip schicken, was "Out Of Control" in die Nähe der Soundexperimente von Psychic TV oder The Velvet Underground rückt.
Miss Yettis Debütalbum geht tief, packt den Zuhörer mit warmer Herzlichkeit, wo andere lediglich der unterkühlten Ästhetik ihrer Maschinen huldigen. Tranceartige Schwebezustände gab es lange nicht mehr im Techno. Gut, dass "Out Of Control" an die ursprüngliche Sehnsucht, die einmal zur Geburt der elektronischen Tanzmusik führte, erinnert, und diese Tradition fortschreibt.
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