laut.de-Kritik
Wer hier nicht tanzt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Review von Daniel StraubDer Natur muss sich der Mensch trotz aller Technik am Ende immer noch beugen. Diese Erfahrung machte auch die Berliner DJeuse und Produzentin Monika Kruse. Ein Wassereinbruch setzte das Studio unter Wasser; die Lethargie ihres Vermieters machte daraus beinahe einen Dauerzustand. Schließlich hatte er aber doch ein Einsehen und ließ die Handwerker kommen, so dass Frau Kruse ihr zweites Album "Passengers" zum ersten Oktober endlich auf die Reise rund um den Globus schicken kann. Elf munter rockende Technotunes mit Seele gebar die erneute Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Partner im Studio Patrick Lindsey aka Voodooamt.
Appetit auf das neue Album machten bereits die beiden Maxis "Abseits" und "Highway Number 4", deren Titeltracks sich nun beide auf "Passengers" wiederfinden. Dem straighten four-to-the-floor-Groove konnte Monika Kruse bei den Vorabreleases genauso wenig widerstehen, wie bei den übrigen Tracks des Albums, die unterschiedlich hart den Dancefloor rocken. Die deepe Bassline von "Windshear" und kruse-typisch wabbernde Flächen schlagen den Bogen zu ihrem Debütalbum "Panorama" und bilden einen sanften Auftakt, bevor mit dem Tribal-Groover "Raingarden" das erste ekstatische Moment von "Passengers" auf die Zuhörer wartet. Hier grüßen die verschachtelten Rhythmen der Goodlife-Posse um Oxia und The Hacker aus dem französischen Grenoble herüber.
Heftiger geht es im Anschluss zur Sache, wenn die "Funk Frequenz" auf einen niederfährt. Allerdings erinnert der Track ein bisschen zu offensichtlich an Marco Carolas Brett "Avalanche", das Altmeister Kevin Saunderson soeben im Remix noch einmal aufleben ließ. An die trockene Härte und präzise Funkiness von "Avalanche" reicht "Funk Frequenz" jedoch nicht heran. In jedem Falle bleibt der Track aber ein gutes DJ-Tool mit Abgehfaktor. Mein heimlicher Favorit auf "Passengers" hingegen heißt "Runaway" mit seinem wunderschönen, retrolastigen Sequenzerlauf, sanft eingestreuten Melodieflächen und einer spätestens in der zweiten Hälfte des Tracks heftigst anschiebenden Rhythmussektion. Widerstand zwecklos. Wer hier nicht tanzt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Monika Kruse entwickelt auf "Passengers" endgültig ihren eigenen Zugriff auf den Dancefloor, besetzt ihre eigene Nische im DJ- und Produzentendschungel. Die schranzige Härte ist ihre Sache höchstens an den Turntables. Bei Eigenproduktionen offenbart Kruse durchaus Hang zur Melodie. Zusammen mit Patrick Lindsey schafft sie auf "Passengers" den Spagat zwischen Tracks für den Clubeinsatz und deepen Techno Tunes, die auch daheim prima funktionieren.
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