laut.de-Kritik
Dark Rock für Leute, die Rockmusik scheiße finden.
Review von Emil Dröll"Darkness imprisoning me / All that I see, absolute horror". Als hätten Metallica 1988 in einem Orakelzelt kurz hineingelinst, um zu prophezeien, was Mono Inc. 2025 fabrizieren würden. Absoluten Horror – nur leider nicht im Alice Cooper-Sinn von Schock-Rock, sondern im Warum-hab-ich-mir-das-angetan?-Stil.
Stolzen Hauptes kann ich verkünden: Ich kenne mich mit Mono Inc. nicht sonderlich aus. Und nach "Darkness" bin ich auch immer noch heilfroh darüber. Das 13. Album der Hamburger Gruftrocker trägt den einfallsreichen Titel "Darkness". Wahnsinn. Wer zwölf Alben gebraucht hat, um endlich auf die Idee zu kommen, sein Produkt 'Dunkelheit' zu nennen, muss wohl beim Brainstorming ordentlich mit Kerzenwachs gegurgelt haben.
Der Opener "In My Darkness" (man beachte die kreative Explosion im Titel) plätschert dahin, während Martin Engler so klingt, als hätte er die Aufnahme zwischen zwei Terminen beim Zahnarzt eingesungen. Und trotzdem: über 3 Millionen Aufrufe auf YouTube. Muss wohl eine geheime Parallelwelt geben, in der Langeweile die neue große Emotion ist. Musikalisch? Als würde man 'copyright-freie Rockmusik' googlen.
"Lost In Pain" legt nach: Dark Rock für Leute, die Rockmusik eigentlich scheiße finden, aber trotzdem schwarze Hemden bei EMP bestellen. Die Gitarren stampfen wie eine überforderte Marschkapelle, der Refrain klebt wie kalter Kerzenstummel auf der Tischdecke. Wer hier Leid spüren will, muss sich nicht mal selbst mit dem Album-Booklet schneiden, Zuhören reicht schon.
"Fly" bringt dann die große Symbolkraft ins Spiel: Der Rabe! Freiheit! Flügel! Hurz! Ein kurzer Hoffnungsschimmer: "Dein Anker". Auf Deutsch klingen Mono Inc. immerhin ein bisschen weniger wie ein schlechter Englischkurs mit Nebelmaschine.
"Darkness" richtet sich wohl an die Thomas Anders-Fangemeinde, die gerne Geld für schlechte Alben aus dem Fenster schmeißt.
Und dann knallt es auch wieder gegen die schwarze Wand der Einfallslosigkeit: "The Dark Side Of The Sun". Lockeres Piano-Intro, dann "in the dark" im Dauerloop – nach drei Minuten möchte man einfach nur noch aufgeben.
"Unter Deiner Haut" immerhin nuschelt sich deutsch und erkennbar weiter. Ein Song mit Wiedererkennungswert! Zwar nicht positiv, aber immerhin. "We Were Young" bemüht sich, Nostalgie zu erzeugen, führt aber nur zur Erkenntnis: Stimmt, wir waren jung – und wussten noch nichts vom "Darkness"-Graus 2025.
"Abendrot" schließlich wirkt wie eine flüssige Mutprobe. Nur mit ausreichend Met, Wikingerhorn und drei Kumpanen in Vollmontur erträglich (glaub ich). "Nothing I Regret". Wirklich? Keine Reue? Nicht mal ein bisschen?
Und dann das große Finale: "Ray Of Light". Donnergrollen, epische Streichersynths, coole Raben-Geräusche – klingt erst, als hätte Assassin's Creed einen neuen Trailer. Bis Martin Engler einsetzt und jeden epischen Anflug in eine Karaoke-Version verwandelt, die man eher in einer Bowlinghalle als in der Gothic-Kathedrale vermutet.
Was will dieses Album? Cool sein, dark sein, bad ass sein? Keine Ahnung. Am Ende bleibt "Darkness" die musikalische Variante von Kerze ins Fenster stellen und hoffen, dass es nach Romantik aussieht. Für Fans sicher wieder eine Offenbarung. Für alle anderen: besser einfach Licht ausmachen und still in die Ecke setzen.
4 Kommentare
Es gibt in dieser pseudogruftigen, deutschen "Schwarzen Szene' schon eine Menge Müll, aber diese Typen schießen alle Jahre wieder den Vogel ab.
Wenn ich das richtig gesehen habe, hat diese Band drei Nummer-eins-Alben. Ich kenne weder ein Lied dueser Herrschaften noch habe ich je einen Fan getroffen. Nicht mal jemanden, der ihre Shirts trägt. Wo findet man deren Fans?
Hatte ich nie auf dem Schirm, was daran liegen mag, dass es mich nicht sonderlich interessiert. Ahem.
Ich hab mal reingelauscht, weil dieser Katastrophentourismus bei hart verrissenen Alben manchmal ein bisschen Spaß macht. (Manche Alben, die hier mit 1/5 bewertet wurden, sind für mich auch eher 3/5- oder 4/5-Alben, aber damit habe ich hier schon nicht gerechnet.)
"Abendrot" klingt halt wie ein Santiano-Song mit einem Sänger, der wirklich gar keinen Bock hat. Bei "Ray Of Light" sind die Vocals ebenfalls großer Schmutz, ich könnte mir allerdings AURORA sehr gut auf dem Instrumental vorstellen, auch mit dem Text und der Melodie, das passt schon. (Bei den Streichern ließe sich da wahrscheinlich mehr herausholen.) So abrupt, wie der Song endet, wirkt er allerdings, als hätte man hier eine unfertige, halbwegs kompetente Wochenendspielerei zum Schluss auf das Album geschissen, anstatt einen ernsthaften Closer daraus zu machen. Vielleicht war aber "null Bock" generell die Philosophie hinter dem Album. Na ja. Weitere Songs anzuhören, spare ich mir als Nicht-Fan einfach.
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