laut.de-Kritik

Schwanzrock fürs Heimkino.

Review von

Einer muss es ja machen. Augen auf und durch: 75 Miunten Nickelback live - das mag für die einen "atemberaubend" sein – für die anderen belangloser Schwanzrock. Unfassbar, aber wahr – satte 40.000 Motorradfreunde haben sich samt weiblicher Entourage 2006 auf dem Bikerfestival in Sturgis, South Dakota vor der Bühne versammelt, um mit den Garth Brooks des Mainstream-Rock in bierseliger und testosterongeschwängerter Atmosphäre abzurocken.

Diese Kulisse ließen sich die platinveredelten Chartsstürmer natürlich nicht ungefilmt entgehen, so dass sich die Fans nun an der zweiten DVD nach 2002 erfreuen dürfen. Exzellente Bild- und Tonqualität sind dabei natürlich Ehrensache – 5.1 Sound sowie 15 High Definition Kameras fangen Band und Publikum qualitativ ansprechend ein. Auch der Bonusbereich ist mit exklusivem behind-the-scenes Material, dem Video zu "Rockstar", einer Fotogalerie und einer Festival-Dokumentation prall gefüllt.

Die oft bemühte Krux im Falle von Nickelback ist ja die Tatsache, dass man ihnen von der musikalisch-technischen Warte aus keinerlei Vorwurf machen kann. Chad Kroeger und seine Mannen beherrschen ihr Handwerk aus dem FF und spielen absolut tight auf. Auch auf der Entertainment-Skala punkten sie – grölend goutiert die Menge die kessen Sprüche des Paradeschwiegersohns à la "hey, whats goin' on?" und "are we gonna have a good fuckin' time?". Die Band liefert ab, was die Bandana-Träger bestellt haben: Eine fette Rockshow.

Das nötige Gespür für Timing kann man dem Quartett aus Alberta ebenfalls nicht absprechen – um auch die leicht bekleideten Biker-Bräute kamerawirksam zum kollektiven Schunkeln und Obenrum-Freimachen zu animieren, werden in regelmäßigen Abständen rührselige Balladen wie "Photograph", "Far Away" und das obligatorische "How You Remind Me" eingestreut. Titties & Beer galore! Hier fehlt nur noch ein saftiges Angus-Rind, das auf der Bühne gegrillt wird, dann wäre die vielleicht größte Südstaatenrock-Barbecue-Party der Welt perfekt. Frontmann Chad zeigt sich ob der hier präsentierten nackten Tatsachen entsprechend angetan: "It's a wonderful amount of naked breasts out there that we can't help payin' attention to."

Aber ist das authentisch? Ist das Rock n' Roll? Auch wenn der singende Windhund samt seinem Rudel eifrig bemüht ist, breitbeinigsterweise einen auf dicke Eier zu machen, spreche ich ihnen ebendiese entgegen der Meinung meines Vorschreibers genauso ab wie den Gestus der räudigen Outlaws. Ähnlich wie bei den artverwandten Pseudorockern Creed, Bon Joviund Puddle of Mudd wirkt das alles so aufgesetzt wie Maynard James Keenans Kunsthaarpracht bei den Konzerten von A Perfect Circle.

Um mit Heinz Strunk zu sprechen, verhalten sich etwa Motörhead zu Nickelback wie etwas Bedeutsames zu Nichts. Auch Lemmy bedient ungeniert die ganze Palette an Rock-Klischees, wie auch AC/DC, Led Zeppelin und deren hedonistische Erben vom Schlage der Queens Of The Stone Age – aber diese ernstzunehmenden Herren verströmen den authentischen Rock n' Roll-Geruch aus jeder verschwitzten Pore.

Kläglich scheitert auch Nickelbacks Versuch, sich durch die Einblendung einer Videobotschaft des 2004 ermordeten Ex-Pantera-Gitarristen Dimebag Darell einen verwegenen tough guy-Anstrich zu geben. Diese anbiedernde Hommage ist nur ein weiteres Indiz für deren Peinlichkeit. Bleiben unterm Strich zwei Punkte für die gute Soundqualität und den Unterhaltungsfaktor.

Trackliste

  1. 1. Animals
  2. 2. Woke Up This Morning
  3. 3. Photograph
  4. 4. Because Of You
  5. 5. Far Away
  6. 6. Never Again
  7. 7. Savin' Me
  8. 8. Someday
  9. 9. Side Of A Bullet
  10. 10. Drum Solo
  11. 11. How You Remind Me
  12. 12. Too Bad
  13. 13. Figured You Out

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15 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    @lautuser (« @FlashMuller (« Viel Text und wenig Substanz für ein einfaches "Ich mag Nickelback nicht." Alle die diese DVD interessiert, müssen sich jetzt noch ein vernünftiges Review suchen. »):

    Allen die an dieser DVD interessiert sind ist wohl im musikalischen Sinne eh nicht mehr zu helfen.

    Hier ist der Begriff Kommerz-Rock mal wirklich angebracht, das bringt die Review völlig richtig zum Ausdruck. »):

    Aber so was von Hallo! Kommerz-Schnarchrock nun auch zum Augen quälen!
    Da friert´s mich richtig...

    Jaha, Nickelback sind übelst ätzend!

  • Vor 11 Jahren

    scheiss egal wie ich auf die seite kam. aber wenn Thomas Klaus die Stadt Sturgis mit einer "Südstaatenrock-Barbecue-Party" in Verbindung bringt, war er zu viel im Underground unterwegs und hat einfach keinen Plan =) absolut lächerlich, sorry