laut.de-Kritik

Verzweifelte Schreie aus der Grabkammer.

Review von

Was für ein Albumtitel! Vor dem inneren Auge tun sich gut abgehangene Horrorfilmszenarien auf: Zombiemumien brechen durch den heißen Wüstensand, schleppen sich in die nächstgelegene Stadt und fallen über die nichtsahnenden Menschen her. Begleitet werden sie von Heuschreckenschwärmen, die noch in den letzten Winkel eindringen und dir den Garaus machen.

Und gleich der Opener "Call To Destruction" kann nur die Vertonung der Apokalypse bedeuten, wenn Milliarden von Skarabäen aus den Pyramiden kriechen, um genussvoll die letzten Fleischreste von den Knochen zu nagen. Trotz solcher Rasereien sind Nile mit den Jahren etwas zahmer geworden.

Drum könnte auch das mittlerweile achte Album Fans der reinen Hackerschule aus der Nile-Anfangszeit enttäuschen. Natürlich spielen die US-Amerikaner weiterhin hochtechnischen Death Metal. Aber sie müssen schon lange nichts mehr beweisen. Dass alle Bandmitglieder fantastische Könner auf ihren Instrumenten sind, darf als bekannt vorausgesetzt werden.

So agiert der Dreier aus South Carolina songdienlich wie nie zuvor - ohne dabei die eigenen Trademarks aus den Augen zu verlieren, versteht sich. Bereits in "Negating The Abominable Coils Of Apep" benden Sanders und sein Gitarrensklave Dallas Toler-Wade die Saiten, nur um das im Titeltrack später auf die Spitze zu treiben. Mir ist keine andere Band bekannt, die so gekonnt mit diesem Stilmittel arbeitet. Verzweifelte Schreie aus den Grabkammern inklusive.

"Liber Stellae Rubeae" beginnt als wildes Gedübel, um gegen Ende das Tempo zugunsten eines mitnickbaren Grooves zu drosseln. Kleine Spielereien mit ägyptischer Musik dürfen weiterhin nicht fehlen. "Ushabti Reanimator" würde auch gut als Filmmusik funktionieren. Ebenso wie der Auftakt von "In The Name Of Amun", einem der besten Stücke des Albums. Zwischendurch rifft man sich sogar in quasi thrashige Gefilde und nimmt anschließend wieder Geschwindigkeit raus. Dieser gekonnte Umgang mit Dynamik hebt das Songwriting der Südstaatler weit über das der Genre-Konkurrenz.

Einen echten Hit haben Nile mit "Evil To Cast Out Evil" geschrieben. Geradlinig und trotzdem spannend wird dieses Teil live bestimmt gut zünden. Gegen Ende der Platte drehen die drei Archäologen dann noch mal auf und schreddern sich durch eine flotte Hackerei namens "Rape Of The Black Earth". Früher hätten sie vermutlich noch sechs Breaks und fünf Tempiwechsel eingebaut, aber diese neue Geradlinigkeit steht ihnen gut. Geradlinigkeit für Nile-Verhältnisse wohlgemerkt, Fans von leichter anzuhörenden Bands wie Amon Amarth oder Unleashed werden auch weiterhin mit den Ohren schlackern.

"To Walk Forth From Flames Unscathed" rundet das Album mit einprägsamen Doppelgitarren ab und lässt nur ein Fazit zu: Auch auf ihrem brandneuen Langspieler sind Nile immer noch eine Bank im Bereich der gepflegten Ohrenfräsung. Bei Isis, mehr davon, bitte!

Trackliste

  1. 1. Call To Destruction
  2. 2. Negating The Abominable Coils Of Apep
  3. 3. Liber Stellae Rubeae
  4. 4. In The Name Of Amun
  5. 5. What Should Not Be Unearthed
  6. 6. Evil To Cast Out Evil
  7. 7. Age Of Famine
  8. 8. Ushabti Reanimator
  9. 9. Rape Of The Black Earth
  10. 10. To Walk Forth From Flames Unscathed

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