laut.de-Kritik
Die Nirvana-Jünger denken nicht ans Aufgeben.
Review von Michael SchuhFast zehn Jahre ist es her, dass die Jungspunds der Nine Black Alps als potenzielle "Future Grunge Heroes" von den fettesten Labels gejagt wurden. Und nicht alle Stories dieser Art enden wie die der Arctic Monkeys. Der Manchester-Vierer tourte das Debüt weltweit, wurde danach vom Majorlabel Island Records zurück ins Studio zitiert, bekam eine Deadline vor die Nase gesetzt, zimmerte "Love/Hate" ein, und plötzlich interessierte es: niemanden.
Die britische Presse hatte im Jahr 2007 mit Interpol, den Editors und dem Radiohead-Download-Experiment "In Rainbows" scheinbar genug zu tun und so hatte auch Island bald keine Lust mehr auf eine Grunge-Band, die offenbar plötzlich 15 Jahre zu spät dran war. In der Folge veröffentlichten die Nine Black Alps auf eigene Faust, das fünfte Album "Candy For The Clowns" erscheint erstmals seit 2009 wieder auf einem fremden Label.
Hört man die neuen Songs, ist noch immer schwer nachvollziehbar, wie der Karren so dermaßen tief in den Dreck fahren konnte. Die Briten fabrizieren wie schon 2005 eingängigen, sehr lärmigen Grunge-Punk, der hier und da ("Supermarket Clothes") die Wucht und den Charme alter Killer wie "Shot Down" oder "Unsatisfied" erreicht.
Dass Sänger und Songwriter Sam Forrest eigentlich nur einen Song in Sonic Youth-Qualität schreiben will, scheint als Antriebsfeder auch im Jahr 2014 noch zu genügen. Auch wenn er die eigenen Grenzen nüchtern umreißt: "Ich würde gerne mehr improvisieren, aber im Jammen sind wir scheiße." Muss ja auch nicht sein, "Novokaine" fegt trotzdem ordentlich los wie einst die Sonic-Nummer "Orange Rolls, Angel's Spit" und zählt mit seinem unwiderstehlichen Pop-Refrain gleich mal zu den Highlights.
In der Vergangenheit wies Forrest die Nirvana- und Pixies-Vergleiche seltsamerweise gerne von sich, da sie die eigene Band falsch kategorisieren würden. Äh, wo ist das Problem? Auch wenn das "Hey"-Break in "Patti" arg nach "Heart Shaped Box" klingt, so sind das doch nur wohlige Erinnerungen und der Qualität der Alps-Nummer auch keineswegs abträglich. Außerdem: Immer noch besser als zu klingen wie Nickelback.
Man merkt dem Quartett an, dass es sich keinen Deut darum schert, wie der Sound wohl draußen ankommt. Cleane Gitarrenparts wie auf der 2007er Scheibe "Love/Hate" finden sich nur in "Take Me Underground", ansonsten geht es munter nach vorne wie 2005 (oder halt 1991). "Come Back Around" klingt sogar original wie ein Track ihres tollen Debüts "Everything Is ...".
Zwar halten nicht alle Songs das Qualitätslevel (toll: das melancholische "Morning After" oder das ungestüme "Something Else") auf, aber das ändert nichts an einem sehr ordentlichen Comeback dieser Fast-Vergessenen und dem Respekt für deren Durchhaltevermögen. Für gute Musik gibt es keinen falschen Zeitpunkt.
1 Kommentar
gestern abend nochmal "everything is .. " rausgekramt.eigentlich nen ziemlich geiles teil.wundert mich wirklich, dass die nie richtig zünden konnten.neue album werd ich definitiv mal reinhören.