laut.de-Kritik

Das neue Team funktioniert. Der Soundtrack nicht.

Review von

Noch bevor "Ghostbusters" nur einmal auf der Leinwand zu sehen war, eröffneten nerdige Altfans einen Wettbewerb, in dem sie sich im Niveau ihrer sexistischen Beleidigungen gegenseitig unterboten. Jedes R. Kelly-Album wirkte dagegen wie eine Lobpreisung auf den Feminismus. In der Welt der Bornierten darf es einfach nicht sein, dass Frauen dem Phantasieberuf Geisterjäger nachgehen. Dazu gesellten sich die üblichen Remake-Vorwürfe. Nun denn: Ich habe "Ghostbusters" gesehen und meine Kindheit ist noch intakt! Sie wurde auch nicht vergewaltigt oder ähnliches. Sie liegt unangegriffen in meiner Vergangenheit. Unfassbar.

Das neue Team funktioniert. Teilweise sogar ausgezeichnet. Dabei stechen gerade Kristen Wiig als Dr. Erin Gilbert, deren Figur noch am ehesten in das Universum von 1984 passen würde, und ganz besonders die komplett durchgedrehte Kate McKinnon als Dr. Jillian Holtzmann heraus. Holtzmann ist größer als der ganze Film. Vom ersten Schleimmassaker (WOW!) bis zu kleinen Spielereien mit Patty Tolans Halskette lohnt sich die 3D-Umsetzung.

Dagegen stellt die zu hohe Gagdichte zeitweise ein Problem dar. Neben vielen gelungenen Szenen finden sich einige derbe Rohrkrepierer wie der erste Protonen-Pack-Versuch oder die Stagediving-Szene. Je weiter sich der fünfzehn Minuten zu lange Film jedoch von seinen Vorgängern entfernt, desto besser funktioniert er. Die Gastauftritte der alten Crew und diverse Zitate stehen ihm nur im Weg. Die Story lässt sich auf einem Bierdeckel zusammenfassen und bleibt, bis auf wenige Spielereien mit den Erwartungen, vorhersehbar. Etwas mehr Mühe hätten sich Paul Feig und Katie Dippold geben können, aber wer "Citizen Kane" sehen will, war bereits 1984 bei den Ghostbusters falsch und begebe sich bitte ins Programmkino gegenüber.

Einzig und allein der Soundtrack geht komplett in die Hose. Bereits das Album zu "Ghostbusters 2" konnte mit dem Vorgänger nicht mithalten. 2016 bricht jedoch die Hölle los. Aus den Gräbern erheben sich unzählige missgestaltete Coverversionen von Ray Parker, Jr.s-Titelsong und spuken durch den Film. Hier findet sich kein Slimer, kein niedlicher Marshmallow-Mann, sondern die hässlichen Wiedergänger eines im Grunde totgenudelten Tracks, denen Haut und Extremitäten in Fetzen vom Leib hängen.

Walk The Moon halten sich krampfhaft an die Vorlage, fügen ihr nichts Eigenes hinzu und befördern sich damit selbst in die Bedeutungslosigkeit. Pentatonix treiben ihr Lied in das Schattenreich der Barbershop-Musik. "Ghostbusters" meets die Prinzen. Fall Out Boys "Ghostbusters (I'm Not Afraid)" dürfte selbst Leuten zu doof sein, die heute noch Limp Bizkits "Mission: Impossible II"-Beitrag "Take A Look Around" abfeiern. Da hilft selbst Missy Elliotts erfreuliches Comeback nicht. Das hier ist noch schlechter als alles, das Run DMC dem Stück je antaten.

Wie besessen bringen die meisten Interpreten an allen Ecken ihrer Stücke einen Bezug nur Ursprungsmelodie oder zum Film unter. Eine freie Entfaltung scheint bei dieser, die Kreativität erdrückenden Vorlage unmöglich. Mark Ronson gelingt die Umsetzung zusammen mit Passion Pit und A$AP Ferg im robust groovenden "Get Ghost" noch am besten. Den Vogel schießt jedoch die Hannah Montana-Metal-Kapelle Beast Of Mayhem ab, die sich Disney nicht böser hätte ausdenken können.

In den wenigen Momenten, in denen sich der Soundtrack von seinen selbstauferlegten Fesseln befreit, schmerzt er deutlich weniger. Michael Jacksons (oder Princes?) "Rythmn Of The Night" entfaltet erst im Zusammenspiel mit Holtzmanns Tanz das in dem Song schlummernde Potenzial. Zwar hat die Zeit deutlich an DMXs "Party Up (Up in Here)" genagt, trotzdem funktioniert die "... And Then There Was X"-Single noch immer. Elle King jagt mit ihrer kratzigen Stimme als "wild child" und weibliche Iggy Pop-Ausgabe durch den Country-Rock "Good Girls".

Trotz aller Unkenrufe bietet "Ghostbusters" einen unterhaltsamen aber sicher nicht sonderlich intellektuellen Popcornkinoabend, dessen Spaß sich durch späteres Zitieren im Freundeskreis noch deutlich steigert. Genau das, was man von ihm erwarten kann und damit so viel mehr, als der missratene "Ghostbusters 2" von 1989 jemals schaffte. Um den Soundtrack sollte man hingegen einen weiten Bogen machen.

Trackliste

  1. 1. Walk The Moon - Ghostbusters
  2. 2. G-Eazy / Jeremih - Saw It Coming
  3. 3. Elle King - Good Girls
  4. 4. 5 Seconds Of Summer - Girls Talk Boys
  5. 5. Zayn - Who
  6. 6. Pentatonix - Ghostbusters
  7. 7. Wolf Alice - Ghoster
  8. 8. Fall Out Boy / Missy Elliot - Ghostbusters (I'm Not Afraid)
  9. 9. Mark Ronson / Passion Pit / A$Ap Ferg - Get Ghost
  10. 10. DMX - Party Up (Up In Here)
  11. 11. Debarge - Rhythm Of The Night
  12. 12. Muddy Magnolias - American Woman
  13. 13. Beasts Of Mayhem - Want Some More
  14. 14. Ray Parker, Jr. - Ghostbusters

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5 Kommentare mit 7 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Ne, das Team funktioniert nicht. Immer, wenn mal ein Gag halbwegs witzig war, wird ein weiterer hinterhergeschoben, der mein Gesicht versteinern lässt. Die alten Ghostbusters hatten einen ziemlich zeitlosen Humor, über den selbst die hartherzigsten lachen könnten. Der Witz in diesem Film ist in erster Linie für sechsjährige Idiotenkinder geschrieben. Ein weiterer Fall einer gescheiterten, unlustigen Sony-Komödie.

  • Vor 8 Jahren

    Ganz zu schweigen davon, dass der Originalfilm dezent überbewertet ist (gasp!), braucht keiner ne weitere Ausgeburt des lediglich auf Geldmache abzielenden und auf Ideenarmut fußenden Remake-Wahns.

    Kabelschwitz, bleib bei deinen Leisten...

  • Vor 8 Jahren

    Die meisten Kritiker: blah, einige Charaktere flach, keine Chemie, schlechte Witzchen, insgesamt mittelmäßiger Film, stillos, wenig Mehrwert, Reboot durch ideenlosen, lieblosen P. Feig in dieser Form suboptimal umgesetzt.

    Hiesige Kritik für Album, das diese Schwächen teilt: Das Album ist kacke, aber in diesen 4/8 Absätze erzähle ich euch jetzt erstmal warum jeder der den scheiß Film nicht gut fand ein bornierter Sexist ist ihr Untermenschen.

  • Vor 8 Jahren

    Der Filmgewordene Beweis das Frauen eben doch nicht alles so gut wie bzw. besser als Männer können. Dazu dann noch FoB auf dem Soundtrack...