laut.de-Kritik
Die Kubaner distanzieren sich vom Buena Vista Social Club.
Review von Alexander EngelenNach wahrlich goldenen Jahren ist der Boom um kubanische Rhythmen mittlerweile abgeflaut. Der Musikzirkus war nicht so beständig wie die Herrschaft des El Commandante. Und während sich Fidel von jedem noch so herben Rückschlag (bzw. Unfall) zu erholen scheint, ist ein Großteil der kubanischen Musiker rund um den Buena Vista Social Club in der Versenkung verschwunden oder gestorben.
Eine Band, die ebenfalls vom immensen Erfolg des Wim Wenders-Films und von der darauffolgenden Kuba-Begeisterung profitiert hat, waren die Orishas. Nach drei Jahren Pause versucht die mittlerweile zum Trio geschrumpfte Combo nun an die vorangegangenen goldenen Zeiten anzuschließen. Erfreulicherweise haben sie die Zeichen der Zeit erkannt und erschließen auf "El Kilo" neue Wege. Ihr Sound klingt deutlich ruhiger und traditioneller als auf den vorigen Werken. Das tut ihrem Gesamtbild auch gut. Den meist erzwungenen Griff in die Hip Hop-Kiste habe ich ihnen jedenfalls nie abgekauft.
Rap gerät auf dem neuen Album in den Hintergrund. Somit klingt die Musik auch endlich nicht mehr nach einer Mixtur aus kubanischen Traditionen und dem von den amerikanischen Imperialisten erfundenen Rapgenre. Mittlerweile harmoniert das Zusammenspiel aus modernen Beats, kubanischer Instrumentierung und traditionellem Gesang, mittlerweile harmoniert der Sound. Kein hektischer Stakkato-Sprechgesang und keine unpassenden Ego-Gesten verfälschen die Begeisterung, die das Trio – zumindest musikalisch – für sein Heimatland hegt.
Sicher machen die Orishas immer noch das, was sich irgendwie nach Rap anhört, aber das klingt eben nicht mehr so unpassend wie ein Schnappi-Remix von Rammstein. Vielmehr arrangiert sich der "Gesang" jetzt mit den Salsa-, Merengue- und Latino-Rhythmen. So versprühen die Kubaner stets frischen Charme und machen Lust auf Cuba Libre und Cohiba.
Die Orishas sind merklich erwachsener geworden, die juvenile Begeisterung für Rap ist der Rückbesinnung auf die traditionellen Wurzeln gewichen. Das Album schwimmt nicht mehr im turbulenten Fahrtwasser des Buena Vista Social Club, "El Kilo" behauptet sich eigenständig auf dem internationalen Markt.
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