laut.de-Kritik

Kein "Biertornado", dafür ein Ikkimel-Feature.

Review von

Die Penisatzen mit der Nummer 69 haben ein ereignisreiches Jahr hinter sich: Sie stellten einen neuen Weltrekord für die meisten Gigs innerhalb von 24 Stunden auf, sie erfanden die Spargel-Döner-Kreation namens "Beelitz Kebab" (mein persönliches Highlight), und nun ist ihr Debütalbum draußen: "XXL".

Klingt das auch XXL? Maximalismus und die größtmögliche Vision sind jetzt nicht unbedingt das, was die Musik des Rap-Trios kennzeichnet. PA69 kennen ihre Nische, irgendwo ist das noch humoristischer Party-Atzen-Rap. Aber sie zeigen zumindest, dass sie sich nicht rein darauf beschränken lassen wollen. Saufen ist als Thema zwar immer noch präsent, es gibt aber auch einen Anti-Sommersong, einen Song über die wunderbare Dreckigkeit von Berlin oder einen Song über Männlichkeitsbilder.

Das sind Dinge, die alle in den PA69-Kosmos reinpassen. Ihre Identität ist nicht nur: "Saufen und dumm gehen!" Atzigkeit darf auch Ausdruck von mehr sein, ist letzten Endes eine Anti-Status-Quo-Haltung: So stellen sie sich direkt im Opener gegen Nationalstolz und später gegen toxische Männlichkeit, wie üblich humorvoll verpackt.

"Alles Gut" ist sogar ein persönlicher, ernster Song über das Gefühl, wenn einem das Glück im Leben verwehrt bleibt. Zwar kein musikalisches Highlight, aber ein seltener und sympathischer Blick hinter die pinken Sturmmasken, der offenbart, dass auch das Trio manchmal gegen Lampenfieber antrinkt und Angst hat, sich im Rausch der Party-Identität zu verlieren.

Die Produzent:innen-Riege ist enorm: Florida Juicy liefert in "Höhenangst" einen Beat, der zwar stark an "360" von Charli xcx erinnert, aber schön glitzert und eine direkt einprägsame Hook bietet. Die Drunken Masters probieren sich in "Meine Stadt" an einem punkigen NDW-Song – funktioniert überraschend gut. Und in "XXL" und "Woo Girl!" arbeiten jeweils Luke Wake und GbR mit, was zu den härtesten, schepperndsten Tracks des Albums führt.

Gerade diese Songs sind klare Highlights. Auch das Feature mit Ikkimel in "Ran an die Bulletten" ist ein astreiner Party-Track, in dem Rabatto erklärt, dass er nur fürs Baden ins Kit Kat geht. So ganz große, zeitlose PA69-Classics wie "Biertornado" oder "Ibu macht den Meister" (macht jede Hausparty besser) bleiben aber aus. Einige Songs brechen dann doch nicht genug aus der Schiene aus oder es mangelt an vergleichbar perfekten Hooks. "Der allerletzte Mann" bietet zwar ziemlich lustige Lines über toxische Männlichkeit, der Beat plätschert aber eher dahin, was dem Thema die Energie raubt. Und "Klingelstreich" ist so ein vorhersehbarer Bier-Song, bei dem man weiß: die können eigentlich mehr.

Textlich unterhalten die Songs mit dem typischen PA69-Humor, der die deutsche Kultur aufs Korn nimmt, zur atzigen Asozialität steht, aber trotzdem niemanden abwertet. Einige Wortspiele wie "Ich esse Rostbratwurst, Alarm für RoBra 11" sind so absurd, dass es schon fast clever ist. Manchmal sind die Lines aber auch einfach wunderbar stumpf: "Ja, ich bin ein Stubenhocker, wie ein Hocker in der Stube". Das macht Spaß, einige Songs dürften im Moshpit ganz gut knallen und die neuen Ideen sind auch zu begrüßen. Für mehr reicht es derzeit nicht.

Trackliste

  1. 1. Höhenangst
  2. 2. XXL
  3. 3. Meine Stadt
  4. 4. Der allerletzte Mann
  5. 5. Wir gehen rein
  6. 6. Ran an die Bulletten
  7. 7. Klingelstreich
  8. 8. Ringbahn
  9. 9. Alles Gut
  10. 10. Woo Girl!
  11. 11. Danke

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