laut.de-Kritik
Der Fusion zum Feierabend trägt den Schönklang ein wenig zu dick auf.
Review von Klaus HardtDie Pat Metheny Group hat wieder eine entspannte Fusion-CD aufgenommen, die atmosphärisch am besten Abends in Ruhe bei Kerzenschein oder, wie auf dem Cover zu sehen ist, zwischen riesigen Kornfeldern oder einer hügeligen Landschaft zu genießen ist. Die Stücke sind meist in ruhigem bis mittlerem Tempo gehalten. Lang gezogene, getragene Melodien bestimmen den Charakter der Musik. Die Akkorde bieten eine breite Fläche, auf der man sich treiben lassen kann. Geht es mal ein bisschen mehr ab wie bei "Proof", regt es nicht zu sehr auf, da die Sounds so wohlklingend sind und das Halftimefeeling fast immer bestehen bleibt.
Als Paradebeispiel für die schwebende Atmosphäre ist das Eröffnungsstück "As It Is" zu nennen. Die lang gezogene Melodie unterlegt die Band mit vollen Akkorden, wobei sie die Akzente, die oft auf Synkopen liegen, stark hervor hebt. Im Mittelteil erhöht sie die rhythmische Dichte mit Hilfe von Ghost Notes in typischer Fusion-Manier. Beim Trompetensolo dominieren auch die langen Notenwerte, was den Eindruck von Weite unterstreicht.
In "Proof" bietet die Gruppe diese Mischung aus Uptempo und Halftimefeeling. Zwar spielt der Schlagzeuger Antonio Sanchez in einem Höllentempo auf dem Ride-Becken, doch durch die langsamen Harmoniefolgen, die sparsame Verwendung von Basstönen und wiederum lang gezogenen Melodien vermittelt sich der Eindruck des halben Tempos. Die verwendeten Melodietöne beißen sich nicht mit den Akkorden, so dass man sich beim Zuhören treiben lassen kann. Allein Pianist Lyle Mays zeigt bei dem Solo etwas mehr Wildheit und spielt einige chromatische Läufe und harte, rhythmisch vertrackte Akzente. Während des Solos lässt sich sehr gut die ganze Klasse der Musiker beobachten. Sie untermalen die Stimmung und heben die wesentlichen Töne hervor.
In einigen Lieder ist ein Bezug zur lateinamerikanischen Musik erkennbar. Deutlich kann man das bei "The Gathering Sky" verfolgen, bei dem Quintbass und Clave zu hören sind. Die Pat Metheny Group spielt in diesem Stück während des Schlagzeugsolos die für den Fusion so typischen schnellen Unisonobreaks. Danach wird es aber gleich wieder ruhiger. Die Dynamik schwillt langsam ab und an und eine Akustikgitarre setzt ein.
Der Gesang von Cuong Vu trägt den Schönklang, wie beispielsweise bei "Afternoon", ein wenig zu dick auf. Die Verführung zum reinen Konsumieren ist dann doch sehr groß. Das ist auch generell die Gefahr bei der Platte. Durch ihren leicht zu verdauenden Charakter, wird sie sich sicherlich recht gut verkaufen und auch Leuten gefallen, die wenig Jazz hören. Aber erst bei der Konzentration auf die Musik offenbart sich die Klasse der von Pat Metheny angeführten Band. Dadurch hat aber der geneigte Hörer auch nach mehrmaligem Auflegen der CD die Möglichkeit, immer wieder etwas Neues zu entdecken.
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