laut.de-Kritik

Die Jugendplaylist des Modfather.

Review von

Von Paul Weller erwartet man alles, nur keinen Stillstand. Also überrascht es kaum, dass der 67-Jährige schon wieder mit einem neuen Album ankommt. Nach dem durchwachsenen "66" jetzt also "Find El Dorado": kein halbgarer Versuch von Konzeptkunst, kein bemühtes Spätwerk-Statement, sondern ein Coveralbum. Sein zweites nach dem 2004er "Studio 150".

Doch Weller wäre nicht Weller, wenn er sich einfach durch ein paar Pop-Klassiker arbeiten würde. Stattdessen gräbt er tief in der eigenen Biografie, in der Plattenkiste seiner Jugend, in vergessenen Tracks, die ihm einst die Welt erklärt haben.

Die 15 Songs stammen größtenteils aus den 60er-, 70er- und frühen 80er-Jahren. Es ist die Zeit, in der Weller musikalisch geprägt wurde und in der seine Liebe zu Northern Soul, Mod und Psychedelia wurzelt, die bis heute durchscheint.

Unterstützt wird Weller von Gästen aus seiner musikalischen Welt: Noel Gallagher spielt auf "El Dorado" Gitarre, Robert Plant singt und spielt Harmonika auf "Clive's Song".

Musikalisch gibt Weller sich reduziert, manchmal fast spartanisch, viele akustische Gitarren, etwas Orgel, ein paar warme Streicher, dezente Bläser. Und seine Stimme wirkt brüchiger denn je, aber dadurch auch um so passender. "I Started A Joke", im Original von den Bee Gees, verwandelt er in ein melancholische Stück, "Nobody's Fool" von den Kinks wird zur einsamen Elegie für alle, die sich unsichtbar fühlen.

Der ganz große Wurf ist das aber nicht. So berührend und aufrichtig viele der Arrangements sind, so sehr bleibt das Album doch im Eigenen verhaftet. Was fehlt, ist der Biss oder wenigstens ein Moment, der überrascht.

Hinzu kommt: Viele der Originale sind schlicht zu stark, um wirklich übertroffen oder neu gedeutet zu werden. "El Dorado", der Titeltrack mit feinem Folk-Feeling, funktioniert gut weil er sich nicht zu sehr anstrengt, anders zu sein. Bei "Journey" oder "Clive's Song" ist Weller dann fast schon zu ehrfürchtig, zu nah an der Vorlage.

Trotzdem: Als persönliches Projekt überzeugt "Find El Dorado" weitgehend. Es ist kein Highlight in Wellers Gesamtwerk, aber ein ehrliches Album mit Haltung, Herz und vielen liebevollen Details. Für Fans ein schönes Stück gelebter Musikgeschichte und für alle, die nach der Jahrtausendwende geboren sind, vielleicht eher ein musikalischer Spaziergang durch ein Museum.

Wie so ein Album wohl klänge, wenn es aus meiner eigenen musikalischen Vergangenheit käme? Vielleicht wäre "Satellite" von Lena Meyer-Landrut, "Chabos wissen wer der Babo ist" und "Swalla" auf meiner Platte. Wahrscheinlich nichts, das man sich in 50 Jahren stolz als Vinyl ins Regal stellt.

Trackliste

  1. 1. Handouts in the Rain
  2. 2. Small Town Talk
  3. 3. El Dorado
  4. 4. White Line Fever
  5. 5. One Last Cold Kiss
  6. 6. When You are a King
  7. 7. Pinball
  8. 8. Where There's Smoke, There's Fire
  9. 9. I Started A Joke
  10. 10. Never the Same
  11. 11. Lawdy Rolla
  12. 12. Nobody's Fool
  13. 13. Journey
  14. 14. Daltry Street
  15. 15. Clive's Song

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