laut.de-Kritik
Jazzpop mit Schmiss und Schmackes.
Review von Artur SchulzDie 13 muss kein Unglück bringen - siehe Pe Werners "Mit Großem Besteck!" eingespieltes neues Werk, das in ihrer Diskographie an eben 13. Stelle steht. Im Gegenteil: Pe entwickelt sich immer mehr zu Deutschlands Jazzpop-Lady Nr. 1. Kräftig Unterstützung erfährt sie von der WDR Big Band. Resultat: Ein gleichmaßer amüsanter wie unterhaltsamer Streifzug durch deutsche Musikgeschichte vergangener Jahrzehnte.
"Bel Ami" wiegt sich in sanften Samba-Rhythmen, während angejazzte Trompeten für elegante Atmosphäre sorgen. "Wenn Ich Sonntags In Mein Kino Geh" beschreibt in mal humorvollen, mal nachdenklichen Zeilen die ewig währende Magie von Stars auf den Leinwänden der Lichtschauspielhäuser. Dezenter Bossa Nova unterlegt wirkungsvoll Pes sehnsuchtsvoll-lakonisch angelegte Interpretation.
Künstler wie Max Raabe oder Ulrich Tukur lenkten bereits in der Vergangenheit erfolgreich die Aufmerksamkeit auf fast vergessene Perlen hiesiger Text- und Kompositionskunst. Die unheilvolle Zeit von 1933 bis 1945 bleibt hiervon nicht ausgespart - aus gutem Grund. Denn mit vielen ihrer Arbeiten stellten die damaligen, später oftmals verfolgten Musiker feinsinnige Statements dem Ungeist des Nazi-Regimes gegenüber. In Form oberflächlich harmlos klingender Balladen und Gassenhauer ließen sie das Prinzip Hoffnung nie außer Acht, auf Pes Album besonders festzumachen an "Irgendwo Auf Der Welt".
Das langjährige Raabe-Live-Highlight "Mein Bruder Macht Beim Tonfilm Die Geräusche" zeigt die Vorgehensweise von Sängerin und Band beispielhaft auf. Sie kopieren nicht einfach bereits erfolgreich erprobte Updates, sondern fügen dem jeweiligen Song gänzlich neue Aspekte hinzu. Ein Titel wie "Was Machst Du Mit Dem Knie Lieber Hans" entpuppt sich bei genauem Hinhören nicht nur als frivol, sondern sogar reichlich versaut - im Gegensatz zu vielen heutigen plakativ-anzüglichen Lyrics arbeiteten frühere Texter stärker mit Florett und Finesse.
An eigenen Umsetzungen von Songs der Ikonen Hildegard Knef und Marlene Dietrich sind bereits viele Künstler gescheitert. Nicht so Pe Werner. Ihr Vorgehen ist respektvoll, doch gleichzeitig ohne Scheu. Dank unbekümmerter Herangehensweise - und vorzüglicher Instrumentierung - gelingt eine willkommene Auffrischung der Stücke "So Oder So Ist Das Leben" und "Ich Weiß Nicht Zu Wem Ich Gehöre".
In ihrer wandlungsfähigen Vokalarbeit hinterlässt Pe Werner wie weiland Im Mondrausch einen vorzüglichen Eindruck. Längst hat sie sich als unverwechselbare Sängerin im höherklassigen Entertainment-Segment profiliert.
Mit "Prima Essen Gehen" gibt die frischgebackene Gewinnerin des German Jazz Award eine glänzende Visitenkarte in Sachen Eigen-Kompositionen ab. Das auf Schlankheits- und Tierschutzwahn bewusst pfeifende A Capella-Stück hält viele Lyrics-Schmankerl bereit. Pe könnte zwar "Hühnern nie den Hals umdrehn' / aber prima Essen gehn". Warum daheim mühevoll "unschuldiger Paprika die Haut abziehn'", wenn im Restaurant drüben um die Ecke doch längst alles bereit steht? Zwar "wird geschuhbeckt / und gemälzert", doch sie will vor allem eines: ordentlich satt werden.
"Sterneküche / gut und schön / doch ist mehr Teller / als Proviant zu sehn'". Dann heißt es schon mal: Currywurst her! "Mit Großem Besteck!" erfüllt auf voller Länge die Erwartungen an ein reichhaltig angerichtetes Song-Menü.
2 Kommentare
Jaja dieses Kribbeln im Bauch .... Da ist es wieder
Das wird sie nicht los ...
Übrigens hatte ich mir in den frühen Jahren die ersten Werner-Alben immer gekauft! Dann war lange Jahre Funkstille (bei mir), bis "Im Mondrausch".
Das habe ich immer noch sofort griffbereit nah liegen, und war damals schon höchst angenehm überrascht, was sich da bei ihr entwickelt, fern von den alten Zeiten.
Dieses neue Teil besitzt ebenfalls einen hohen Spaßfaktor. Da ist jemand auf dem richtigen Weg! Fürs nächste Album aber bitte wieder 'frische' Songs.