laut.de-Kritik
Huch, wo sind denn die ganzen Pimmel plötzlich hin?
Review von Michael SchuhMoment mal, ist das noch meine Peaches? Wo sind denn die ganzen Pimmel in der Tracklist auf einmal hin? "Ich wollte ein bisschen Sensibilität in das Album reinbringen", erklärt sich die Künstlerin. Sensibel? Midlife-Crisis? Powerballade statt Lovertits?
Mitnichten. Empfindsamkeit im Hause Peaches knallt noch immer härter in your face als ein Faustschlag Madonnas (Post-Stuart Price-Phase). Da die Wahl-Berlinerin aber stets Grenzen durchbrechen will, markiert ihr vierter Output nun eine Hinwendung zum Tanzboden, was schon ein flüchtiger Blick aufs Cover andeutet.
Anstatt mit Abraham Lincoln-Bart im Gesicht, trägt die 40-Jährige ihre effektvoll befransten, neuen Disco-Ärmelstulpen zur Schau. Nach Electroclash und Glamrock feiert sie heute Synthie-Pop ab. Confessions On A Dance Floor, unzensiert: Mit Hilfe clubgestählter Bass-Propheten von Soulwax über Digitalism bis zur Simian Mobile Disco ist dem Ex-Rrriot Girl trotz des vergleichsweise unwitzig betitelten Albums "I Feel Cream" das beste und kohärenteste Werk ihrer Karriere gelungen.
Der Hauptgrund: Statt andauernd zu shouten und zu rappen, kam Peaches diesmal auf eine ganz wunderbare Idee: Sie singt. Und wie. Wenn die Frau, die Iggy Pop einst die Zeile "I don't look too good in pink" in den Mund legte, plötzlich "I don't wanna lose you" schmachtet, bleibt einem der Mund mindestens ebenso weit offen stehen. Die unterkühlte Nummer gehört neben La Roux' "Reflections Are Protection" zu den frühen Electro-Highlights 2009.
Den nächsten Knaller tüftelte Miss Nisker gemeinsam mit der Simian Mobile Disco aus: Bei "Talk To Me" verbrennt man trotz hüftschonendem Midtempo mehr Kalorien als zu früheren Peaches-Drumcomputer-Exzessen. Auf Albumlänge findet man tatsächlich kaum noch strapaziöse Skip-Vorlagen, von denen letztlich ja doch oft nur Textfetzen hängen geblieben sind.
Was nicht heißt, dass der Vorzeige-Hustler der Frauenbewegung (Hustlerin?) keine Slogans mehr drauf hätte. Und das F-Wort taucht natürlich auch hier und da wieder auf: "Fuck you like a billionaire in my Fred Astaire footwear". Ihr fortgeschrittenes Alter schlägt sich natürlich auch in den Texten nieder. "Never mind my age / it's like breaking out of a cage", heißt es an einer Stelle. Im mit Gonzales produzierten "Trick Or Treat" bringt sie schließlich ein ganz neues Lusterlebnis unters Volk: "Just lick my crow's feet". Krähenfüße statt Botox, da simma dabei.
Nach dem fulminanten Beginn bringt das halluzinogene "Show Stopper" und das zäh fließende "Mud" nochmal all ihre neu erlernten Dance-Qualitäten auf den Punkt. "I'm a stage whore / I command the floor". Indeedeedoo, Peachy!
7 Kommentare
Ich weiß, wo all die Pimmel hingekommen sind!
hier stand mal ne beleidigung aber ich hab mich dann doch dazu entschlossen die nicht hier stehen zulassen.
Gott sei Danke lässt sie diese peinliche Pimmel-Nummer, das war ja nur noch lächerlich.
Pimmel
Wird reingehört!
Und wenn nicht thematisiert wird muss man sich doch zwangsläufig wieder fragen:
Zitat (« What else is in the teaches of peaches? »):
shake yer dix
hab letztens in die erste peaches gehört. hat sich auf jeden gelohnt. bei den nachfolgern bin ich mir nicht ganz so sicher.
der beste albumtitel ist trotzdem "impeach my bush".
neue werde ich mir auch mal geben. auch wenn peaches scheinbar einige ihrer früheren ideale verworfen hat und mittlerweile sensiblere töne anschlägt.
Zitat (« Die unterkühlte Nummer gehört neben La Roux' "Reflections Are Protection" zu den frühen Electro-Highlights 2009. »):
wir haben mittlerweile übrigens mai.