laut.de-Kritik
Ein Post-Punk-Fest nach elf Jahren Funkstille.
Review von Christian KollaschDas alte Fell glänzt immer noch: Elf Jahre nach "Safe In Its Place" kehren Pelzig frisch durchgekämmt mit "Medium Cool World" auf die Indie-Bühne zurück. Und nach dem ersten Durchlauf wünscht man sich doch glatt, dass die Pause kürzer ausgefallen wäre. Das Nebenprojekt der Slut-Mitglieder Rainer Schaller und René Arbeithuber bekommt nun endlich wieder die volle Aufmerksamkeit. Zusammen mit Sänger Christian Schulmeyr und Rainers Bruder Christian Schaller am Bass hauen die Ingolstädter kurz vor Jahresende ein echtes Post-Punk-Fest heraus.
Passend zur kalten Jahreszeit hüllen sich Pelzig in tiefe Synthie-Klänge und schneidende Gitarren. Im Opener "Style Kills All" erzeugt die Band eine fast schon apokalyptische Grundstimmung. "Is here anyone tired / or amused and tricked / Is here any desire to go?", droht Schulmeyr in seiner nasalen Gesangsstimme, die frappierend an das Organ von Interpols Paul Banks erinnert. Pelzig zeichnen ein verstimmtes Bild einer tiefstapelnden Generation. "There's a new big called small". Treibende Drums und klirrende Gitarren heben Schulmeyrs Mantra auf bedrohliche Ebenen.
Darauf folgt das erste Highlight der Platte: "Battles", bereits vor Release als Single veröffentlicht, verdient einen Eintrag in die Enzyklopädie des guten Songwritings. Das Post-Punk-Brett hetzt zunächst schnurstracks Richtung Schluss. Drums so trocken, dass man fast den Staub auf den Fellen vor Augen hat und dicke Gitarrenwände machen das Ding zur Pflicht für jede aktuelle Indie-Playlist. Nach dreieinhalb Minuten nehmen Pelzig das Tempo raus und ein Synthesizer mischt sich unter die einsame Gitarre. Ein wunderbarer, stimmungsvoller Abschluss eines großen Songs.
Und überhaupt Synthesizer: Die vertonten Einsen und Nullen haben gerne mal die Angewohnheit, das Soundbild zu überfrachten. Pelzig wissen jedoch genau, wie sie die Computer mit ihrem Klang verbinden. So auch auf den nächsten Stücken "Check Your IPod" und "A Club Called Night". Gerade auf letzterem verschmelzen Synthies, Bass, Gitarre, Drums und Schulmeyrs Gesang zu einem verdammt stimmigen Ganzen. Auf "No Routine Night" setzen sie das gekonnte Soundbasteln weiter fort. Wer das auf Zimmerlautstärke hört, ist selber Schuld. Der Titeltrack "My Medium Cool World" stellt sich als sperriges Elektro-Ungeheuer in den Weg.
Wenn man dem Album eines vorwerfen will, dann vielleicht mangelnde Abwechslung. Pelzig fahren konsequent auf ihrer Soundschiene entlang und lassen kaum Luft in ihren definierten Indierock. Das fällt gerade in Albumlänge auf, schmälert aber nicht die Qualität der einzelnen Stücke. Zum Abschluss feuert die Band mit "Trasher" noch eine vorwärts gewandte Abrissbirne auf den Hörer ab, um dann ihr Comeback-Album mit "All Signals Off" so dystopisch enden zu lassen, wie es begonnen hat.
Pelzig geben sich auf "Medium Cool World" düster, herrlich verschrammt und ideenreich. Vielleicht etwas zu homogen, was angesichts der Qualität der einzelnen Songs aber kaum ins Gewicht fällt. Leute, wartet bitte nicht noch einmal elf Jahre, bis ihr neues Material abliefert. Danke!
1 Kommentar
"Battles" ist ehrlich n Brett. Da lacht das Herz