laut.de-Kritik
Mister De-Phazz lässt es plätschern.
Review von Kai KoppDie Opener "Tales Of Trust" und "Cruise Waikiki" legen die Vermutung nahe, dass die Cover-Losung "This ist not a De-Phazz Album" kein Marketinggag ist. Denn die Wärme ausstrahlende Eleganz der Eröffnungstracks nährt die Hoffnung auf einen Nachfolger des legendären ersten Baumgartner-Albums.
Den Reigen der zahllosen, und hier weitestgehend ungenannten weil maßvoll bekannten Gäste, eröffnet Joo Kraus, der dezent in sein Horn pustet. Jan Fride sorgt auf dem formidablen zweiten Stück, "Cruise Waikiki", für einen extravaganten und vor Tanzlaune sprühenden Groove. Drums, Perkussions und Cymbals gehen auch bei "Rounded By A Dream", "Higher Love" und "Sissi 2008" auf seine Kappe.
Song Nummer drei, "Booboomca", erinnert jedoch erstmals an Pit Baumgartners Plätscher-Fähigkeiten. Das Rachmaninoff-Zitat zu Beginn von "Noh Song" macht wieder neugierig. Uiuiui, während des Studiums hab ich die Nummer selbst mal spielen müssen, die ist gewaltig! Ihre Monstrosität übersetzt Pit Baumgartner leider nicht in die Electronica-Moderne. Schade, dass "Noh Song" so vor sich hin mäandert. Aber dafür wird Mister De-Phazz ja von vielen geliebt. Auch "Virgin Forest" gehört in diese Kategorie.
Mit "Turn The Page" ruft Pit erneut das Dance-Motto aus und flutet die Höhle mit smoothem 4-To-The-Floor-Jazz. Angenehm, mehr aber nicht. Und auch Joo Kraus, der sein Bestes gibt, bewahrt den Song nicht vor Belanglosigkeit. Zwischen "Blow Back", "On The A-Train", "Get Over It", "Rounded By A Dream", "Second Side (Of The Record)", "Ducksucker" und "Walking Dead" (mit Thomas Siffling) erkennt man derweil schon keinen Unterschied mehr, so dezent fließen die Songs ineinander über. Die ersten Ahnungen, es könnte sich vielleicht doch um ein De-Phazz-Album handeln, verfestigen sich.
Etwas mutiger streckt der Protagonist den Kopf erst wieder beim Groove von "Higher Love" aus dem Fenster. Sobald der Gesang von Angel Jones einsetzt, verwandelt Baumgartner die Nummer jedoch abermals zum auditiven Staubfänger. Schade!
Auch "Heavy Dream Rotation" mit seinen einschmeichelnden Akustikgitarren und seinen gewagten Arien-Samples verkehrt meinen Eindruck nun nicht mehr ins Gegenteil. Das gelingt logischerweise auch "Sissi 2008", "Phantomgesicht", in dem Baumgartner die 'Der Kommisar'-Titelmelodie einigermaßen gelungen durch den Effektwolf dreht, und dem Bossa-affinen "Easy Goodbye" nicht.
Natürlich verwurstet Pit Baumgartner während des Verlaufs von "Tales Of Trust" verschiedenste Stilvorlagen äußert ironisch und humorvoll. Sein Spiel mit musikalischen Klischees, seine Easy Listening-Affinität, die stets den musikalischen Kontext mitbestimmt und seine individuelle Klangästhetik zeichnen seit jeher seine Alben als (klanglich) hochwertig aus. Vorausgesetzt man mag seine stilistische Handschrift. Aber diese Quintessenz lässt sich wohl auf jede kreative Leistung anwenden.
Der "This ist not a De-Phazz Album"-Sticker erweist sich derweil als Marketingstragie. Auch wenn wir es nicht mit einem prototypischen De-Phazz-Album zu tun haben, kann Pit Baumgartner seinen kreativen Geist, seine Arbeitsweise im Studio, sein Songverständnis, seinen Umgang mit Effektgeräten und seine Vorstellung von Musik(ästhetik) nicht verbergen. Die Hoffnung, "Tales Of Trust" entpuppe sich als lang ersehnter Nachfolger des legendären ersten De-Phazz-Albums, erfüllt sich leider nur in den ersten beiden Tracks.
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