laut.de-Kritik
Ein gutes Technojahr steht uns bevor.
Review von Daniel StraubEs gab ganz entgegen dem Titel des Debüts von Prosumer und Murat Tepeli, der "Abgeklärtheit" und "Gelassenheit" verheißt, zunächst auch Irritationen. Die ersten Exemplare wurden mit einem Cover ausgeliefert, das die beiden Musiker mit weiß geschminkten Gesichter beim Biss in einen Melonenschnitz zeigte.
Eine Ahnlehnung an das Cover von Ike und Tina Turners Album "Outta Sessions". Allerdings rief dies Hommage zwiespältige Reaktionen
hervor, da es im Original ein Kommentar zur Vereinnahmung und Vermarktung
schwarzer Musik durch weiße Musiker war.
Einige Betrachter interpretierten das Artwork von "Serenity" vor diesem
Hintergrund als rassistisch. Bevor noch mehr Missverständnisse Raum greifen konnten, zogen Prosumer und Murat die Reißleine und tauschten das Coverartwork aus. Ein geschickter Schachzug, auch wenn das meiner Ansicht nach durchaus gelungene erste Cover dieser Aktion zum Opfer fiel.
Was aber wichtiger ist: Nun steht wieder die Musik im Mittelpunkt. Vollkommen zu Recht, wie die 17 Tracks der CD-Version zeigen. Wer die bisherigen Releases von Achim Brandenburg alias Prosumer und Murat Tepeli mitverfolgte, konnte die beiden bereits als leidenschaftliche House-Liebhaber kennen lernen.
Die Anfänge elektronischer Clubmusik in Chicago und Detroit sind stets präsent. Sie erstarren aber nicht in klischeehaften Retroverweisen. Was Prosumer und Murat Tepeli an den alten Platten fasziniert, ist der jackin' Groove. Und den lassen sie auf "Serenity" wieder aufleben.
Dennoch ist es eine Platte für das Hier und Jetzt. Die Sounds sind voll und analog. Die minimalistischen Arrangements verraten Stücke wie "Makes Me Wanna Dance" oder "Butterfly" jedoch als top aktuelle Produktionen. Eine solche Einordnung wäre aufgrund der Vocals von Elif Bicer und Prosumer nicht möglich.
Sie stehen in ihrer Anmut über der Zeit und verströmen genau das, was der Albumtitel suggeriert: Abgeklärtheit aber keine Arroganz, Gelassenheit ohne die Leidenschaft vermissen zu lassen. Prosumer und Murat Tepeli legen 2008 beeindruckend vor.
Für Techno- und House-Fans scheint es sowieso ein gutes Jahr zu werden. Die Träumer und Romantiker sind wieder zurück. Gerade eben erst Sascha Funke und jetzt - zwar ganz anders - aber irgendwie doch ähnlich: Prosumer und Murat Tepeli.
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